[refugeeprotest-info] #3 Weihnachtsfeier im RefugeeCamp! Flüchtlinge in den Hungerstreik getreten!

Newsletter #3

Liebe UnterstützerInnen,

Wir, die Flüchtlinge vom Sigmund-Freud Park, haben die Ehre, Sie einzuladen zur schönsten Weihnachtsfeier der Stadt im Flüchtlingscamp vor der Votivkirche.

Am 24.12. *ab 22 Uhr* gibt es eine große Weihnachts-*Party*!
Ab 18 Uhr Blechtonnenlagerfeuer mit *Kinderpunsch*.

Denn: Der 24. Dezember ist ein *großer Feiertag*.

Wir feiern, dass seit einem Monat täglich die Würde siegt über die Demütigungen des Asylsystems, die Solidarität sich als stärker erweist als die Wohltätigkeit, die vielsprachige Verständigung, die tägliche Zuhör- und Übersetzungsarbeit triumphiert über die Taubheit derjenigen, die gar nicht zuhören wollen.

Vor einem Monat, am 24.November, marschierten wir 25 km vom zentralen Flüchlingslager in Traiskirchen nach Wien um gegen die menschenverachtenden Zustände im Umgang mit Geflüchteten zu protestieren.

– Dass wir beengt in überbelegten Unterkünften untergebracht werden.
– Dass uns Dolmetscher zugeteilt werden, die wir oft als zynische Handlanger eines rassistischen Systems erleben.
– Dass man uns von der staatlichen Wohlfahrt abhängig macht, weil man uns nicht erlaubt zu arbeiten.
– Dass man uns ohne angemessene Prüfung unserer Fälle Asyl in Österreich verweigert.
– Dass man uns, aufgrund der „DUBLIN“-Verordnungen, nicht erlaubt in einem andren europäischen Land darum anzusuchen.
– Dass uns das elementare Menschenrecht auf Freizügigkeit genommen wird.
(Erst dürfen wir Traiskirchen nicht verlassen, – eine Fahrt nach Wien wird mit 200 Euro bestraft-, dann werden wir in entlegene Dörfer transferiert, abgeschnitten von FreundInnen, von Rechtsberatung, von solidarischen Menschen und Comunities.)
– Dass wirtschaftliche und soziale Not nicht als Fluchtgrund anerkannt werden.

Nachdem nach über drei Wochen Protestcamp im Sigmund-Freud-Park vor der Votivkirche und 2128 *Unterstützungserklärungen* solidarischer Menschen auf unserer Website (http://refugeecampvienna.noblogs.org/) immer noch keine/r der verantwortlichen PolitikerInnen sich auch nur zu einem Gespräch bereit gezeigt hätte, suchten wir am Dienstag den 18.12. *Schutz und Hilfe in der Votivkirche*.

Daraufhin luden die Caritas und die Katholische Kirche zu einem Runden Tisch mit VertreterInnen von NGO’s und dem Innenministerium und drei von uns protestierenden Flüchtlingen.

Am Freitag, kurz vor dem Treffen, durchkämmten über zwanzig Polizisten das Flüchtlingscamp am Sigmund-Freud-Platz. „Routinekontrolle“ nannten sie diese *Einschüchterungsmaßnahme*, bei der vier Flüchtlingen ihre Asylkarten abgenommen wurden.

Daraufhin gingen alle Flüchtlinge zum *Runden Tisch*, es wurden aber nur fünf von uns zugelassen. Die Caritas bot dann allen protestierenden Flüchtlingen warme Unterkünfte an. Wir lehnten das Angebot ab, denn wir haben diese Kampagne nicht gestartet, um warme Unterkünfte zu bekommen, sondern damit unsere Forderungen erfüllt werden.

Wir lehnen es ab, die Kirche und das Camp zu verlassen, so lange unsere politischen Forderungen nicht einmal ansatzweise ernst genommen werden.

Wir fordern weiter:
*Das Recht zu arbeiten*.
*Das Recht auf freie Wahl des Aufenthaltsortes*.
*Die Löschung der Fingerabdrücke* aus der europäischen Fingerabdruckkartei Eurodac, wenn ein Asylverfahren negativ beendet wurde, so dass man in einem andren EU-Land erneut einen Antrag stellen kann.
*Bleiberecht* für alle jetzt in Österreich lebenden Flüchtlinge und Asylsuchenden, also eine einmalige Legalisierung aller Menschen ohne Papiere, wie es das in Frankreich und Spanien schon öfter gab.

Das heißt:
Wir bleiben also nicht etwas deshalb weiter in der Votivkirche und im Camp, weil wir nirgends anders unterkämen, sondern weil wir den Kampf um Menschenrechte für alle nach Österreich Geflüchteten für wichtiger und bedeutsamer halten als eine warme Nacht heute, morgen und übermorgen.

Weil die politisch Verantwortlichen, statt unsere Forderungen zu erfüllen, uns mit der Polizei einzuschüchtern versuchen, beschlossen wir am 22. Dezember um 23 Uhr, in den *Hungerstreik* zu treten.

Also: Kommen Sie am 24. Dezember ins Flüchtlingscamp.
Bringen Sie Kekse und Kinderpunsch mit. Auch Brennholz und warme Decken sind hilfreich.
Bringen Sie ihre winterfesten Musikinstrumente und ihre BandkollegInnen und spielen Sie ein Lied für die Würde und die Menschenrechte für alle.

*Nehmen Sie ihre Kinder mit*, erklären Sie ihnen, was passiert, es ist ein historischer Moment, in dem man mehr über Politik lernen kann, als in jeglicher Schule oder Universität..

*Bis 22 Uhr Zusammensitzen* am Blechtonnenlagerfeuer,
*ab 22 Uhr* große, laute, fette *Weihnachtsparty*
Im Flüchtlingscamp am Sigmund-Freud-Park. U2 Schottentor / Universität.

Unterstützen Sie unsere Petition:
http://refugeecampvienna.noblogs.org/support/petition/

PS: Der *Newsletter* soll regelmäßig (maximal wöchentlich) über den aktuellen Stand der Proteste informieren. Wenn ihr diesen bestellen wollt, dann tragt euch unter https://lists.riseup.net/www/subscribe/refugeecampvienna-info mit eurer Emailadresse ein oder sendet uns einfach ein Mail mit Betreff „Newsletter“ an: refugeeprotestvienna-solidarity@riseup.net


*Spenden*: “Familien und FreundInnen gegen Abschiebung” Kontonr: 28214691803 / BLZ: 20111 (Erste) / Zweck: Camp
*Web*: http://refugeecampvienna.noblogs.org
*Twitter*: @refugee_action
*Facebook*: http://www.facebook.com/RefugeeCampVienna

Refugee Camp Vienna: Refugees on hunger strike in reaction to the answer of the Ministry of Interior Affairs / Flüchtlinge im Hungerstreik – Reaktion auf die Antwort des Innenministeriums

*Deutsche Version unten*

Refugee Camp Vienna: Refugees on hunger strike in reaction to the answer of the Ministry of Interior Affairs

Utl.: Status of toleration demanded for those participating in the protest

Wien (OTS) – We, the refugees want to inform the citizens of Austria that 27 of us who are presently receiving shelter in the Votiv Church have decided to go on hunger strike. The answer of the ministry of the interior to our talk on Friday was to re-introduce only some of us into the system of “Grundversorgung”. This would leave most of us in a situation without any safety and in fear, which is why we cannot simply agree to this condition.

We need a status of toleration (“Duldung”) for all of us who are or were participating in the protest. We had full hopes for a betterment of the situation of all refugees in Austria in form of a fair treatment in the asylum process, better conditions and access to the labour market. Sadly those demands were not met or rightfully discussed on Friday and we are left desperate that we are still unheard by the politicians in these regards. That is why we hope for a continuation of the talks.

Today is a special day for Austria and we would be happy to welcome you in the Votiv Church and on the camp where there will be a party for rights and dignity in the evening. Thank you for all those supporting us in our struggle with their presence in the Votiv Church or who are with us in their thoughts.

A translation into German will soon be provided on the website of the protest camp: http://refugeecampvienna.noblogs.org

Rückfragehinweis: Press contact

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Steirische Friedensplattform solidarisiert sich in vollem Umfang mit den Flüchtlingen

Die Steirische Friedensplattform solidarisiert sich in vollem Umfang mit den Flüchtlingen und ihren Forderungen. Ihr egagierter Einsatz ist uns Beispiel und Mahnung.

Sie nehmen euch das Land
um riesige Plantagen zu bauen
und sagen: sucht in den Städten euer Glück!
Doch dort erwartet euch nur Elend und Not
und Müll, importiert aus dem reichen Norden
in dem eure Kinder zu Grunde gehen
wenn sie nach Nahrung suchen

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Flüchtlinge fühlen sich unter Druck gesetzt und fordern Bedenkzeit

Wien (OTS) – Nachdem hochrangige Kirchen- und Regierungsvertreter sowie Caritas und Diakonie im Eilzugstempo auf einen “Runden Tisch” vor Weihnachten gedrängt hatten, fand dieser gestern unter Beteiligung einiger Flüchtlinge, die derzeit in der Votivkirche Schutz suchen, statt.

Die Flüchtlinge stimmen zwar der vom Innenministerium im Zuge des Gesprächs angekündigten Einzelfallprüfung ihrer Asylverfahren zu. Sie bitten jedoch um Bedenkzeit. Diskussionen unter den Flüchtlingen über weitere Verhandlungen gestalten sich aufgrund ihrer existentiell prekären Lage und der nach wie vor unbeheizten Votivkirche schwierig.

Das Innenministerium hat den Flüchtlingen lediglich angeboten die mögliche Wiederaufnahme in die Grundversorgung zu überprüfen, Caritas und Diakonie die vorübergehende Unterbringung in von beiden Hilfsorganisationen verwalteten “Schutzräumen”.

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Jesus Was An Asylumseeker Too


Jesus und die Weisen aus dem Morgenland in der Votivkirche (Tafel im Hintergrund: Jesus war auch ein Asylsuchender in pashto und dari)

Video: “Round Table” with Refugees / “Runder Tisch” mit Flüchtlingen

Audio: ZIP-FM: O-Ton: Runder Tisch mit Flüchtlingen, Caritas, BMI und Co

Statements nach dem Gespräch

Audio: http://cba.fro.at/67876

Polizeieinsatz im RefugeeCamp vor heutigem “Runden Tisch”


UPDATE: 21.12.2012, 12:50 uhr

Nachdem die anwesenden Flüchtlinge in der Kirche Schutz suchen konnten, wurde der Polizeieinsatz abgebrochen. Es gab keine Festnahmen! UnterstützerInnen sind weiterhin aufgerufen in der Kirche vorbeizukommen und warme Getränke (wie Tee, Kaffee, …) mitzubringen. Auch Musik würde eventuell zur Entspannung der Situation beitragen.

Wieso ein derartiger Polizeieinsatz gerade am Tag des Caritas-“Asylgipfels” stattfindet, hinterlässt jedoch viele Fragen in Bezug auf die Ernsthaftigkeit der über die Medien ausgerichteten “Gesprächsangebote” seitens der daran beteiligten Akteure und staatlichen Institutionen, sowie in Hinblick auf deren Einzelinteressen.

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Herbergssuche in Votivkirche – Presserundschau #3

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Audio: O-Töne: Refugeecamp Vienna – Geflüchtete suchen Schutz in Votivkirche – Statements und Pressekonferenzen 18./19. Dezember 2012 / In their own words: Refugeecamp Vienna – Refugees seek protection in Votivkirche – suchen Schutz in Votivkirche – Statements and press conference December 18th/19th, 2012

*English version below*

O-Töne: Refugeecamp Vienna – Geflüchtete suchen Schutz in Votivkirche – Statements und Pressekonferenzen 18./19. Dezember 2012

Nachdem am 18. Dezember 2012 Geflüchtete aus dem Refugeecamp Sigmund-Freud-Park in der Votivkirche Schutz gesucht hatten, wurde zuerst mit der Polizei gedroht. Auf Initiative der Caritas kam es schließlich doch zu Verhandlungen zwischen Caritas, Kirche und Geflüchteten.
Nach drei Stunden wurden erste Ergebnisse präsentiert:
O-Ton Nr. 1: 18.12.2012: Stellungnahmen der Verhandlungsteilnehmer_innen der Abendverhandlung über Verbleib der Refugees in der Votivkirche

Im Wesentlichen reduzierte sich das Verhandlungsergebnis darauf, weiter verhandeln zu wollen. Das geschah dann auch bis ca. 3 Uhr früh. Am nächsten Morgen stellten die Geflüchteten im Rahmen einer Pressekonferenz in der Votivkirche ihre Sicht der Verhandlungen dar (Teilnehmer_innen: Geflüchtete, Senol Akkilic (Grüne), Di-tutu Bukasa (Unterstützer)):
O-Ton Nr. 2: 19.12.2012: PK der Geflüchteten in der Votivkirche

Eine Stunde später hielt die Caritas am Stephansplatz eine PK ab. Einige Geflüchtete nahmen die Einladung an, an der PK teilzunehmen, an. Da die PK knapp nach jener in der Votivkirche stattfand, fehlt in der Aufnahme der erste Teil. Die Aufzeichnung beginnt mit dem Eintreffen der Geflüchteten (Teilnehmer_innen:
Michael Landau (Direktor Caritas Wien), Klaus Schwertner (Pressesprecher Caritas Wien), nicht in Aufnahme enthalten: Bischofsvikar Dariusz Schutzki)
O-Ton Nr. 3: 19.12.2012: Caritas-PK

Audios: http://cba.fro.at/67901

In their own words: Refugeecamp Vienna – Refugees seek protection in Votivkirche – suchen Schutz in Votivkirche – Statements and press conference December 18th/19th, 2012

On December 18th, 2012, refugees were seeking protection in Votivkirche and they were immediately threatened with calling the police. Caritas initiated a talk between Caritas, church and refugees.
The first outcomes were presented after three hours:
Own words, No. 1: December 18th, 2012: Statements of the participants of the evening on the refugees’ stay in Votivkirche

Essentially, the final outcome of the talks merely agreed on further talks. These talks were conferred until 3 a.m. The following morning the refugees held a press conference in Votivkirche and presented their view of the talks (participants: refugees, Senol Akkilic (Green Party), Di-tutu Bukasa (supporter)):
Own Words, No. 2: December 19th, 2012: Refugees’ press conference in Votivkirche

An hour later, Caritas held another press conference at Stephansplatz (Saint Stephens’ square in Vienna’s city). Several refugees followed the invitation to participate. Since the press conference took place so shortly after the one in Votivkirche, the first part is missing in the recording. The recording starts with the refugees’ arrival. (Participants:
Michael Landau (Director Caritas Vienna), Klaus Schwertner (spokesperson Caritas Vienna), not contained in recording: Bishop Vicar Dariusz Schutzki)
Own Words, No. 3: December 19th, 2012: Press conference Caritas

Audios: http://cba.fro.at/67901

okto-Polylog: Refugee Proteste in Wien

Die Gesprächsreihe Polylog widmet sich im philosophischen Diskurs dem interkulturellen Austausch und wirft dabei auch gerne den Blick über die österreichische Grenze. Das Themenfeld reicht von allgemeinen Begrifflichkeiten wie “Das Fremde” oder “Geschlechter” über Fragen zu Armut und deren Ursachen bis hin zu Migration, Asyl und Fremdenpolitik.

Aktuelle Folge zu den Refugee-Protesten in Wien. Video unter dem angegebenen Link online.

Link: http://www.okto.tv/polylog/10063/20130101

Moderator: Di-Tutu Bukasa
D.B.: Im Namen der Crew danke ich euch für Zuschalten zu Polylog. Das heutige Thema ist der Protest im Sigmund-Freud Park. Wie sie wissen sind vor 2 Wochen Geflüchtete aus Traiskirchen nach Wien gelaufen, viele Kilometer. Jetzt ist die Situation am Camp so, es regnet, es ist schmutzig- dies ist eine Situation die so nicht andauern kann. Gestern wurden deshalb die Proteste in die Votivkirche verlagert. Zuerst möchte ich euch die Gäste vorstellen, meinen Mitmoderator auf der rechten Seite Herr Sintayehu Tsehay und die Menschenrechtsbeauftragte Alev Korun im Parlament für die Grünen auf der linken Seite zwei Akteure des Flüchtlingsprotests: Khan Adalat und Numan Mohammed. Zuerst sollten wir uns einmal anschauen was so im Park vor sich geht, dann können wir unsere Diskussion fortsetzen: FILM

Wir haben jetzt gesehen was sich dort/im Park so abspielt.

Die Inneministerin hat behauptet, die sei kein Protest, der von den betroffenen Leuten direkt ausgeht, sie behauptet eine deutsche Person habe den Protest organisiert. Glauben sie dass kann wahr sein, wenn sie sehen mit wie viel Emotionen die Leute sich selbst für diese Sache engagieren? Als ich selbst dort war konnte ich mich nicht überzeugen, dass dies die Angelegeheit von irgendwem ist der die Menschen dazu ‘motiviert’. Man sieht dass es Disrespekt gegenüber dem Camp gibt. Die Geflüchteten haben verstanden, dass dies sie frustrieren soll und sie haben den Protest in die Votivkirche ausgelagert. Ich möchte betonen, das ist kein Protest den irgendwelche AktivistInnen mit persönlichen Zielen organisiert haben, aber die Behörden selbst haben es sich zuzuschreiben dass sie den jungen Menschen (Geflüchtete) zeigen (nur) mit so einem Protest kann man etwas erreichen. Fragen wir zunächst die Asylsuchenden selbst: Wie erklärt ihr diese Situation, dass ihr von Traiskirchen nach Wien gekommen seid und nach drei Wochen gibt es immer noch keine Antwort von den Behörden, keine Frage: Was tut ihr dort? Wie erklärt ihr das?

M.N.:Zuerst möchte ich allen vom Team danken, dass wir hierher eingeladen wurden, als Geflüchtete. Jetzt können wir endlich sehen, dass wir auch respektiert werden. Jetzt sitzen wir hier einander gegenüber und ich bin dankbar. Dazu, dass ein Deutscher hinter dem Protest stünde will ich etwas sagen. Aber bevor ich dazu etwas sage habe ich eine eigene Frage: Was ist der Wert eines Flüchtlings? Wir können nicht einmal ein eigenes Bankkonto eröffnen. Wenn wir eins wollen, wie sollen wir es registrieren? Diese Frage möchte ich vor deine Frage stellen, denke daran, bevor du mich so etwas fragst..

D.B.: Wir werden zu dieser Frage zurückkommen, ich möchte sie an Frau Korun stellen: Was ist der Wert eines Flüchtlings, der nicht einmal ein Bankkonto eröffnen kann, als einzelner Mensch..?

A.K.: Also ich meine ein Mensch ist ein Mensch, unabhängig von seinem rechtlichen Status, egal ob Asylsuchender, Bankdirektor oder einer anderen Religion zugehörig. Ein Mensch ist ein Mensch und so sollten wir mit dieser Frage umgehen. Wenn wir über den Protest und das Camp reden möchte ich betonen dass wir an einem wichtigen historischen Zeitpunkt leben, zum ersten mal, jetzt in den letzten drei Jahren werden Geflüchtete an verschiedenen Orten aktiv werden, Einzeln und als Gruppen und sie sagen laut und aktiv: Wir sind hier und wir sind Menschen und wir wollen unsere Würde zurück, wir wollen als Menschen behandelt werden, wie alle anderen auch. Wir sind in der Situation dass wir sehr komplizierte und restriktive Gesetze haben, nicht nur in Österreich 7:30 sondern in mehr oder weniger allen Staaten der EU und seit Jahren ist die politische Situation so dass viele Länder signalisieren den Flüchtlingen gegenüber: In Wahrheit wollen wir euch gar nicht hier haben. 7:50 Sie würden das nicht offiziell so sagen. Aber da die Asylgesetzte und Menschenrechte die ganze Zeit über beschränkt werden seit den letzten 10 oder 20 Jahren oder vielleicht noch länger. Das heisst politisch, dass Menschen, die Hilfe brauchen, weil sie Flüchtlinge sind nicht wirklich in der EU willkommen sind. Meiner Meinung nach ist das die hauptsächliche Frage und das wirkliche Problem. Das Dublin System ist ein großer Teil davon. Das Dublin System besagt, wer die EU betritt muss in dem Land bleiben in dem er/sie die EU betritt und muss dort die Asylprozedur durchlaufen, und wenn das z.B. Griechenland ist wo es kein richtiges Asylprogramm gibt, wo die Leute nicht einmal einen Raum bekommen in dem sie bleiben können und sie müssen auf der Strasse leben und aus dem Müll Essen suchen und es gibt keine unabhängige Hilfe und rechtliche Beratung für sie, oder nicht genug, dann ist das ein großes Problem. Dann kann man den Leuten nicht sagen ihr seid nach Griechenland gekommen und ihr müsst dort bleiben auch wenn sich niemand um euch kümmert. Das ist ein europäisches Problem und wir müssen europäische Lösungen für dieses Problem finden, alle Länder zusammen. Und wenn Flüchtlinge jetzt sagen, wir sind Menschen und wir haben Rechte als Menschen und wir wollen als Menschen behandelt werden dann ist das ein historischer Zeitpunkt, dass sie nicht nur Hilfe von AktivistInnen und NGOs bekommen sondern sich selbst engagieren.

D.B. So wir wollen noch Mister Khan fragen: Was ist der Grund warum sie ihr Heimatland verlassen haben und hierher gekommen sind? Können Sie uns das kurz erklären?

K.A.:Ersteinmal Danke für die Einladung. Ich habe bereits gestern im Radio versucht zu erklären dass wir viele Probleme in meinem Heimatland haben. Wir leben in einer nordwestlichen Provinz  an Afghanistan grenzt. Vor der Geschichte mit Russland, dem kalten Krieg und dem Krieg zwischen Afghanistan und Russland lebten unsere Leute, unsere Großeltern und Väter auf der afghanischen Seite und hatten afghanische Nationalität. Als Russland weg war blieb diese religiöse Gruppe, die Leute in Amerika und Europa nennen sie Taliban, ihr versteht was ich meine. Wir hatten eine Regierung aber diese Leute sind jetzt in unsere Region gezogen, eine religiöse Gruppe, eine starke Organisation. Sie bekämpfen sich mit der NATO und den (pakistanischen) Sicherheitsdiensten. Wir können keine Hilfe von den Sicherheitsbehörden erwarten denn meiner persönlichen Meinung nach machen die keinen Krieg gegen Terrorismus sondern Krieg gegen die Leute.

D.B.: Ok, also wir verstehen worum es hier geht. Wir haben auch gesehen, dass diese Proteste im Sigmund-Freud Park stattfinden.  Erinnern wir uns: Sigmund Freud hat selbst sein Land verlassen und ist emigriert in ein anderes Land auf Grund der damaligen Zustände. Aber wie reagiert die Bevölkerung darauf, dass hier Leute drausen im Kalten schlafen -und es ist ja eiskalt in einem Land wie Österreich. Und die Zuständigen Behörden kommen nicht vorbei und beobachten nur, wie sehen sie das?

S.T.: Danke für die Frage, ich möchte betonen dass ich mich privilegiert fühle neben der ehrenwerten Gast (Alev Korun) von den Grünen, die ohne Müdigkeit für Menschenrechte kämpft seit ich sie kenne, ich kenne sie schon fast 20 Jahre, seit ihrer Studienzeit bis heute stellt sie sich immer auf die Seite von Unterdrückten und marginalisierten Gruppen und Menschen. Mit dem Sigmund Freud Park habt ihr den richtigen Ort ausgesucht, dazu will ich euch gratulieren. Sigmund Freud war ein berühmter Wiener, der dieses Land auf Grund politischer Verfolgung verlassen hat, genau wie ihr euer Land auf Grund politischer Verfolgung verlassen habt, aus Angst um euer Leben. Und auch Sigmund Freud wäre umgebracht worden aber er hat das Land verlassen und es ist ein gutes Symbol für euch, dass ihr diesen Platz besetzt habt und natürlich dass ihr später in die Kirche gezogen seid- ihr macht das großartig. Jetzt an Alev Korun: Ich weigere mich immer die Länder zu vergleichen, jetzt sind wir in Wien, in Österreich – was wäre das beste für die Menschen die in dieses Land kommen. Seit dem Zerfall der Sowjet Union sind nur wenige Menschen nach Österreich gekommen und trotzdem ist die österr. Regierung sehr restriktiv wie du gesagt hast, obwohl Österreich ein sehr reiches Land ist. Und ich sehe nimmer nur wenige ParlamentarierInnen- können sie sich nicht dafür einsetzen dass weitere ihrem Beispiel folgen. Ich bin überrascht denn die ÖsterreicherInnen geben diesen jungen Leuten Essen und Kleider, es gibt so viel Unterstützung von der Bevölkerung aber nur die Regierung unterstützt sie nicht. Und das will ich eigentlich sagen: Die Regierung sollte sich über das Image Österreichs Sorgen machen. Denn historisch gesehen ist Österreich ein gutes und gastfreundliches Land gegenüber Geflüchteten. Das ist das Bild von Österreich wenn z.B. an die ungarischen Fälle u.a. denken. Die Regierung verschmutzt das Ansehen Österreichs. Als Österreicher kann ich diese Regierung dafür anklagen dass sie den Ruf Österreichs so verunglimpft, denn ich bin auch Österreicher!

A.K.: Dazu nur zwei kurze Sätze: Ja Österreich hat eine lange und sehr positive Geschichte durch seine Hilfe für Flüchtlinge, Menschen die hier um Asyl angesucht haben während dem Konflikt in Prag und Polen und so weiter. Und was diese Regierung jetzt tut indem sie nicht auf euch schaut und nicht versucht Kontakt aufzunehmen – das könnte sich wieder ändern. Und nur ein Satz dazu was sich hier in Österreich verändern ließe: Wir müssen hier differenzieren, es gibt viele Dinge die auf europäischem Level getan werden könnten, z.B das Dublin System, das man ändern sollte, das eine schlechte Sache ist und es gibt Sachen die sich hier in Österreich verändern ließen und es ist die Verantwortung der Regierung diese Dinge zu ändern, das wollte ich nur betonen.

D.B.: Ja wie mein Freund gesagt hat indem die Regierung ignoriert was gerade passiert schaden sie dem Image Österreichs. Wie sehen sie diese Politik im Bezug auf das Asylsystem
A.K.: Die Regierung hat die Gesetze für Asylsuchende immer schärfer gemacht zum Beispiel haben letztes Jahr die beiden Regierungsparteien ein Gesetz beschlossen das besagt ein Asylsuchender der das Land betritt bis zu 7 Tage in einem Camp gehalten werden kann. Und sie behaupten sie bräuchten das um Formalitäten abzuwickeln, aber das ist nicht wahr denn man braucht genug Beamte um die Formalitäten abzuwickeln und man sollte nicht zu den Menschen sagen: Ihr seid jetzt keine freien Menschen mehr denn ihr seid jetzt Asylsuchende und wir wollen euch hier im Camp behalten und ihr habt keine Erlaubnis dieses Camp zu verlassen. Das ist nur ein Beispiel. Aber wenn wir versuchen die Sache positiv zu formulieren wie ich vor 2 Wochen in einer Presseaussendung an die Ministerin gesagt habe, das ist eine große Chance für sie direkt mit den Asylsuchenden zu sprechen. Sie könnte das Camp besuchen und mit den Menschen sprechen und fragen, welche Probleme habt ihr und wie können wir diese Situation verbessern?

D.B.: Aber im Gegensatz zu dem was sie vorgeschlagen behauptet sie etwas anderes, sie behauptet es sei kein Österreichisches Anliegen, es ist ein fremdes Anliegen.

A.K.: Ich finde das ist schlechte Politik. Die Probleme und Anliegen der Geflüchteten sind sehr konkret und die verschwinden nicht wenn man einfach behauptet, oh das hat ein Deutscher organisiert, was übrigens nicht stimmt! Da sind vielleicht einzelne deutsche BürgerInnen die die Geflüchteten im Camp unterstützen aber ich habe mit vielen UnterstützerInnen gesprochen und die meisten davon sind österreichische BürgerInnen. Also diese Behauptungen lösen das Problem nicht und das frustriert nicht nur die Geflüchteten sondern auch viele ÖsterreicherInnen die sagen: oh das ist ein Problem, lasst uns nach einer Lösung suchen!

D.B.: Sie (Mikl Leitner) sieht auch nicht die Transnationalisierung dieser Bewegung. Und was noch wichtig ist: die Innenministerin hat gesagt das Ziel ihrer Politik ist es Migration zu reduzieren, was halten sie davon, ist das typisch für Österreich?

A.K.: Nein das ist nicht typisch für Österreich es ist ein europäisches Phänomen aber wir haben diese schlimme Situation dass Regierungen verschiedener Länder stolz sagen die Anzahl der Geflüchteten ist zurückgegangen, Gott sei dank gibt es weniger Asylsuchende.

D.B.: Warum ist das schlecht?

A.K.: Weil wenn irgendwo in der Welt Menschenrechte verletzt werden und wenn wir als Land und als EU sagen: wir respektieren die Menschenrechte und wir sollten Menschen helfen, die in Gefahr sind und wenn wir das ernst meinen dann sollten wir nicht froh darüber sein dass Menschen nicht in ein Land kommen und um Asyl ansuchen können. Wenn es in anderen Ländern keine Kriege gäbe dann könnten wir uns freuen und sagen: oh gut es gibt keine Geflüchteten mehr, das ist großartig. Aber wissen das es einen Krieg gibt in Syrien und auch anderswo und die Menschen können nicht nach Österreich weil wir sie nicht herein lassen durch Frontex zum Beispiel und dann behaupten es sei gut dass keine Geflüchteten kommen, dass ist schlechte Politik denn die Menschen sterben da draußen.
D.B.: Also es ist die höchste Ministeriumsebene die solche Entscheidungen trifft. Kommen wir jetzt zu Herr Numan, es sind jetzt 3 Wochen Stille von Seiten der Behörden, was für Verbesserungen gibt es bisher?

M.N.: Ich möchte zuerst etwas sagen, sie sind eine sehr ehrliche Person von der Regierungsseite und vielleicht können wir hier einige Antworten bekommen. Denn wir sind auch schon zum Parlament gegangen und niemand ist zu uns gekommen und hat mit uns geredet und uns zugehört. Erst einmal: ich stimme der Aussage meines Freundes hier nicht zu, dass wir den Park besetzt hätten, er ist nicht besetzt, wir haben eine Erlaubnis von Seiten der Polizei, es ist  alles registriert. Wenn wir sagen würden der Platz ist besetzt wäre das wie ein Verbrechen. Wir sind jetzt in der Kirche, gestern sind wir in die Kirche gegangen, wir haben sie nicht besetzt, denn man kann Häuser besetzten, Hotels, Bahnhöfe- aber man kann nicht ein Haus Gottes besetzen..

D.B.: Natürlich kann man nicht ein Gotteshaus ‘besetzen’. Mit dieser Konnotation wollen wir nur eine Verbindung schlagen zu der weltweiten Bewegung, nimm dieses Wort nicht so ernst..

M.N. : Was falsch ist müssen wir als falsch klarstellen, was die Wahrheit ist müssen wir als Wahrheit stehen lassen. Wir dürfen einander nicht beschuldigen. Wenn wir am runden Tisch sitzen und uns nur gegenseitig beschuldigen finden wir keine Lösung. Was sie oder er oder du getan haben oder der Priester- lassen wir das! >kleine Diskussion<
In den Nachrichten heute steht es- Wir hatten eine Pressekonferenz heute und wir haben gesagt: Es ist nicht besetzt! Wir sind zur Caritas gegangen im Zuge diese Konferenz und alle haben gesagt, es ist nicht besetzt. Und der Botschafter Gottes, der Pfarrer der Kirche hat behauptet es sei eine Besetzung – aber wie? Jetzt haben wir eine Erlaubnis und die Polizei wird nicht in die Kirche kommen, das heisst wir können drin bleiben. Gestern hat der Pfarrer unglücklicherweise die Religion der Menschen kommentiert. Warum? In welcher Religion steht wenn eine arme, hilflose Person an deiner Tür anklopft dann öffne die Türe und frage: Was ist deine Religion? Was heisst das? In unserem eigenen Land haben wir Krieg auf Grund religiöser Konflikte, auf der ganzen Welt, aber doch nicht hier. Wenn wir ein Haus Gottes besuchen, da steht überall geschrieben, alle Menschen sind gleich, in der Bibel, im Koran, in der heiligen Schrift, überall. Warum urteilen wir dann? Lass mich kurz und klar sagen: Wir müssen also die Zahl der Asylbewerber reduzieren in diesem System?- Dann macht eine Pressekonferenz und sagt wir löschen die Fingerabdrücke der Asylsuchenden, dann bleibt kein Flüchtling in Österreich denn niemand ist glücklich hier. Geflüchtete sind hier seit 17 Jahren, sie haben eine 'weisse Karte' (abhängig von ihrem Status), sie wären vielleicht schon vor Jahren wieder gegangen, aber haben nicht das Recht dazu. Was heisst das? Warum sagen die Geflüchteten derzeit: Wir sind Menschen. Alle, die Parlamentsmitglieder, die Behörden, der Präsident, das Innenministerium sie alle können uns doch nicht in die Augen sehen und fragen: sind das Menschen oder sind das Tiere? Warum müssen wir erst erklären, dass wir Menschen sind?

A. K.: Weil viele Menschen die konkreten Probleme von Asylsuchenden nicht kennen. Und wir sollten alle gemeinsam versuchen, das zu ändern. Viele Leute wissen nicht was die Lebensbedingungen für eine Familie in Traiskirchen ist oder für junge Geflüchtete die keine Unterstützung erhalten, die als Kinder hier angekommen sind. Viele Leute wissen das nicht. Es ist kein Verbrechen, dass nicht zu wissen, aber ohne das zu wissen zu behaupten: Oh aber die haben eh alles, sie kriegen viel Geld und alles, das ist falsch. Und wir alle, JournalistInnen, PolitikerInnen und die Regierung, NGOs und die Geflüchteten sollten versuchen das zu verändern, so dass viele Menschen in Europa und Österreich über die konkreten Lebensbedingungen  von Geflüchteten lernen.
Die Forderungen, sagen sie, sind auch dass das Asylprozedere in Österreich zu lange dauert.

A.K.: Manchmal dauern sie sehr lange.
Und außerdem werden sie sehr oft abgelehnt. Das ist interessant denn wenn jemand sagt ich werde in meiner Heimat verfolgt kann doch niemand beweisen dass das nicht so ist und ich wollte über das 'Level' von Menschenrechtsannerkennung reden..
Unterbrechung

M.N.: Ich will noch eine Frage stellen, was passiert da in Traiskirchen wenn wir sagen, wir kennen die Situation der Geflüchteten nicht?

A.K.: Ich habe nicht gesagt wir wissen das nicht, ich sagte viele Leute

M.N.: Gut dann viele Leute, aber ein ganzes System das nichts weiss? Alle diese Leute die das Budget stellen (Steuern zahlen) für die Lager in Österreich oder anderen europäischen Ländern, jedes Jahr werden Millionen ausgegeben damit mit diesem Geld verwendet wird vom Staat um zu helfen, für arme Menschen, dieses ganze Geld wird ausgegeben und die Leute wissen nicht wofür es ausgegeben wird? Sie zahlen für DolmetscherInnen zum Beispiel..

D.B.: Die Zeit wird leider knapp, nur noch eine Minute: Du hast gesagt der Pfarrer hat zu dir gesagt du bist Moslem und warum gehst du nicht in einen Moschee? Wir wissen Österreich ist ein katholische Land und viele Leute hier glauben an die katholischen Kirche. Was denken sie darüber?
Warum sind die Leute nicht in eine Moschee gegangen, wie der Pfarrer vorgeschlagen hat

M.N.: Wie soll ich das sagen, meine eigene Meinung oder meine Meinung als Geflüchteter?

D.B.: Österreich ist ein monotheistisches, katholisches Land, so viele Leute sind katholisch..

M.N.: Wir sind dorthin gegangen weil die katholische Gemeinde in Österreich stark.ist. Wir kommen aus Pakistan, und die Leute glauben wir sind Moslems, sie haben uns nicht erwartet, der Pfarrer hat uns nicht erwartet. Aber wenn wir zu einer Moschee gegangen wären, wer hätte uns zugehört?

D.B.: Ich habe verstanden,..

K.A.: Die Situation ist so dass die Behörden uns nicht beschützen. Tut mir leid das sagen zu müssen: als wir uns dafür entschieden haben in die Kirche umzuziehen haben wir uns eben an die Religion (religiöse Instanz) gewendet. Aber alle haben verstanden, was gestern gesagt wurde: Warum seid ihr in die Kirche gekommen, warum zieht ihr nicht in eine Moschee? Ihr müsst zur muslimischen Gemeinde gehen..
Aber wie kann er mich kennen, wie kann er glauben zu wissen was meine religiöse Einstellung ist? Und nicht fragen: was ist euer Problem und was wollt ihr?

M.N.: Noch eine Sache, ich war wirklich sehr aufgeregt als ich das gehört habe: I n der heiligen Schrift, im Islam genauso wie in der Bibel ist es gleich: Wenn ein Muslim beten möchte, will er in einer Moschee beten. Aber wenn er keine zur Verfügung hat, aber eine Kirche da ist, kann er zum Pfarrer gehen und von ihm die Erlaubnis erhalten dort zu beten. Aber nicht um hinein zu gehen, denn es ist das H aus Gottes. Aber der Priester kann ihm die Erlaubnis geben in der Kirche zu beten. Das bedeutet es gibt keinen Unterschied zwischen einer muslimischen Moschee und einer christlichen Kirche. Es ist das Selbe.

A.K. Ich möchte eine kleine Anmerkung machen, die aber sehr wichtig ist: Ich glaube es hat nichts mit der Religion zu tun. Das religiöse Bekenntnis hat nichts damit zu tun. Weil viele Leute der Caritas und der Kirche sagen, dass sie die Refugees unterstützen, dass sie für ihre Anliegen sind. Und die Refugees müssen die Kirche nicht verlassen. So, sind wir hier bitte ehrlich: Es geht um die Rechte der Geflüchteten und Menschenrechte.

M.N. Ich war sehr angespannt als ich hierher gekommen bin, wegen der Antwort in der Kirche. Weil: Ich erinnere mich nicht an den Namen der Person, aber sie sagte mir ein ehrliches Willkommen.
Es tut mir leid, dass ich das klarstellen muss: Wir sind nicht gekommen um Orte zu besetzten, jetzt nicht und in Zukunft nicht. An alle Menschen in Europa und in der ganzen Welt: Glaubt nicht, dass Muslime oder der Islam Interesse daran haben, Kirchen oder das Land zu besetzen.

D.B.: Gestern am Ende des Tages als wir uns getroffen haben mit dem Pfarrer und den Leuten der Caritas war das Ergebnis, dass die Asylsuchenden und die UnterstützerInnen Seite an Seite stehen müssen. Das war das Commitment. Ich danke euch fürs Zuhören, für euer Verständnis und Vertrauen.

Video: Pressekonferenz Votivkirche 19.12.2012 / Press conference Votivkirche December 19th 2012

Pressekonferenz Votivkirche 19.12.2012
Press conference Votivkirche December 19th 2012

Kämpfen, bis wir frei sind!

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Kämpfen, bis wir frei sind von Essenspaketen und Taschengeld

International – In Österreich finden die größten selbstorganisierten Proteste von AsylwerberInnen in der jüngeren Geschichte statt

Von Clifford Agathor
Ich habe mich schon oft gefragt, wer die Last am meisten zu spüren bekommt: AsylwerberInnen, Flüchtlinge oder andere MigrantInnen mit unterschiedlichem rechtlichen Status? Wir alle haben eine Reihe von Problemen, angefangen mit unseren Herkunftsländern über die diversen Wege, die wir beschritten haben, um hierher zu kommen. Und jetzt sind wir endlich hier, in einer vollständig zivilisierten Gesellschaft, in der Menschenrechte angeblich respektiert und geschützt werden. Wir sind unter Menschen, die auch erlebt haben, was Leiden bedeutet und deren Freiheit die Freiheit im eigentlichen Sinn des Wortes ist. Was würde es bedeuten, in dieser Welt geboren zu werden, wenn wir hier nicht die Möglichkeit zu einem besseren Leben sowie dafür bekommen, etwas zurückzugeben?

Zu teilen bedeutet zu lieben, so sagt man. Nach 3.172 Tagen harten Lebens in Österreich hatte ich das Gefühl, es sei an der Zeit, darüber zu sprechen, was bisher noch nicht geteilt wurde. Ich weiß nicht, warum die Vereinten Nationen angesichts der vielen Probleme schweigen, mit denen Menschen kämpfen, die sich entschieden haben, Zuflucht in anderen Ländern zu suchen. Die Vereinten Nationen bekommt man nur in vom Krieg verwüsteten Ländern und in Gebieten zu Gesicht, die von Naturkatastrophen getroffen werden. Es mag sein, dass ich acht Jahre, acht Monate und vier Tage geschwiegen habe, weil ich dachte, dass Hilfe kommen wird. Denke ich darüber nach, so fällt mir ein, dass ich im Moment des Ankommens in diesem Land dachte, die Dinge wären am nächsten Morgen besser. Allein, was am nächsten Morgen geschah, war ein Realitätsschlag. Seit diesem Moment scheint der Kampf kein Ende mehr zu nehmen. Nur bin ich heute wach, aufgewacht aus einem fast neun Jahre währenden Schlummer. Ich sehe nunmehr, wie sehr einem diese Festung Europa den Atem nehmen kann. Es kann sein, dass ich zu faul, zu unentschlossen oder vielleicht nicht stark genug war, mich meinen Ängsten zu stellen. Aber warum werden uns im Hinblick auf das, was wir erreichen können, Schranken gesetzt? Warum sind wir hauptsächlich die Objekte von Hohn? Und warum werden wir prekären Lebensbedingungen unterworfen, den BürgerInnen gegenüber mit allen Mitteln diskriminiert und von ihnen isoliert? Ich weiß es nicht!

Das Leben ist hart, aber das Leben als Flüchtling in einem System mit hoch technologischen Mechanismen, die zu hochgradiger Diskriminierung und Ungleichheit unter den Menschen führen, ist noch viel härter. Das System brandmarkt uns als Illegale. In den Flüchtlingslagern behandelt man uns als Kriminelle. Sie nehmen uns unsere Fingerabdrücke und behalten diese für immer. Sie verbieten uns, das Land zu verlassen. Sie schränken uns auf einen Radius von fünf Kilometern ein, geben uns ein Essenpaket und sperren uns mit vier bis fünf anderen Menschen in einem zehn Quadratmeter kleinen Raum ein. In Wien erhält man fünf Euro pro Tag für Nahrung und 40 Euro Taschengeld pro Monat. Man hat ein Dach über dem Kopf und ist krankenversichert. Engstirnige halten all das für Luxus. Aufgeschlossene jedoch wissen, dass es mit 40 Euro monatlich unmöglich ist, in einer monolingualen Gesellschaft wie dieser die Sprache zu lernen und Deutschkurse zu besuchen. Deutschkurse sind eine gute Sache. Aber mit 40 Euro kann man sich nicht einmal das Wiener-Linien-Ticket leisten. Und ohne Ticket läuft man Gefahr, entweder eine hohe Strafe zu bezahlen oder schlimmstenfalls wegen einer Verwaltungsübertretung inhaftiert zu werden.

Freiheit, Unabhängigkeit, Recht auf Bildung, Recht auf Meinungsäußerung, Recht auf Leben – wissen wir überhaupt noch, was das ist? Warum werden Menschen nach Mali abgeschoben, wenn dort Bürgerkrieg herrscht? Warum werden alle Nigerianer als Drogendealer bezeichnet? Warum verkündet ein Bürgermeister aus Kärnten, dass TschetschenInnen und Schwarze in seiner Stadt nicht erwünscht sind, und warum fragt niemand warum?

Die Zeit ist gekommen, mit Nachdruck unsere Rechte in Österreich und in Europa einzufordern. Mehr als hundert somalische Männer, Frauen und Kinder haben sich zwischen dem 10. und dem 13. Oktober 2012 auf die Straße begeben, um zu demonstrieren und während drei Tagen und Nächten in der Kälte vor dem Parlament auszuharren, um ihr Recht auf Asyl zu verlangen. Viele ÖsterreicherInnen kampierten mit ihnen, um ihre Solidarität zu zeigen und die Somalis dabei zu unterstützen, für die Rechte aller Flüchtlinge in diesem Land einzutreten. Von der Regierung gab es bis heute keine Antwort. Zeigt das nicht sehr deutlich die Geringschätzung der PolitikerInnen und politischen Autoritäten gegenüber den Forderungen von Fremden und BürgerInnen? Wenn eine Politikerin der gesamten Nation im nationalen Fernsehen erzählt, dass ein Asylansuchen ein Ansuchen um Schutz ist, dann sollte sie auch erwähnen, dass Flüchtlinge als Flüchtlinge im guten alten Österreich mit Wärme empfangen werden sollten, anstatt fortwährend Rassismus, Repression, Ungleichheit und Menschenrechtsverletzungen zu propagieren.

Schauen wir uns den Fall eines Mannes aus Sri Lanka an, der sich zu dem seit dem 24. November bestehenden Flüchtlingscamp in Wien gesellte: Er lebt seit 15 Jahren in diesem Land und hat hinsichtlich seines Asylverfahrens noch immer keine Entscheidung. Und niemand weiß, wie lange er noch warten muss! Was können wir über den Sudanesen sagen, der vor mehr als zehn Jahren mit seinem leiblichen Bruder nach Österreich gekommen ist und bis heute keine positive Entscheidung von Seiten des Bundesasylamtes erhalten hat? Merkwürdigerweise wurde sein Bruder schon vor so langer Zeit legalisiert, dass er mittlerweile die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten hat. Ich habe im Protestcamp der Flüchtlinge viele Menschen getroffen, die schon seit Jahren in Österreich leben, sehr gut Deutsch sprechen und niemals Probleme mit der Polizei hatten. Dublin II wird in diesem Land sehr effektiv umgesetzt. Undokumentiertes Arbeiten erreicht in Österreich ein außerordentliches Ausmaß. AsylwerberInnen dienen in Traiskirchen als ÜbersetzerInnen für andere Flüchtlinge, ohne für diese Leistung bezahlt zu werden. Ist das nicht seltsam? Wenn EuropäerInnen übersetzen, werden sie bezahlt. Sind es AsylwerberInnen, so kostet das nichts.

Das Flüchtlingscamp im Sigmund-Freud-Park im 9. Wiener Gemeindebezirk ist ein Zeichen dafür, dass man immer, wenn man eine Faust ballt, jemanden oder etwas treffen möchte. Es ist kein Zufall, dass die Flüchtlinge einen neunstündigen Fußmarsch von Traiskirchen nach Wien auf sich nahmen und seit mehr als zehn Tagen in diesem Park campieren. Ich bin Teil dieser Flüchtlingsbewegung und habe eine Menge Energie anzubieten. Wir werden so lange kämpfen, bis wir frei sind von Essenspaketen und Taschengeld, weil 40 Euro Taschengeld meinen kleinen Kindern keine sichere Zukunft gewährleisten. Mit diesen Worten bürde ich euch die Last auf, das zu tun, was richtig ist! Jetzt oder nie!

Clifford Agathor ist politischer Aktivist, wurde in Nigeria geboren und lebt seit neun Jahren in Wien.

Übersetzung: Birgit Mennel

Veröffentlicht in ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 578 / 21.12.2012