Bericht: Solidarität mit den protestierenden Flüchtlingen

Am 20. Jänner 2013 wurde den protestierenden Flüchtlingen in Wien der Ute-Bock Preis für Zivilcourage verliehen. Im Anschluss daran zogen an die 600 Menschen über die Votivkirche zum Schubhäfn Hernalser Gürtel, wo die Freilassung der Gefangenen gefordert wurde.

Weiter zum ganzen Bericht und Bildergallerie auf: no-racism.net

Votivkirche: Refugees erhalten Ute-Bock-Sonderpreis – Preisgeld Menschen in Not gespendet / Refugees awarded Ute Bock Special Prize, prize money donated to those in need

*Deutschsprachige Version weiter unten*

Initiative SOS Mitmensch awarded the refugees in Votivkirche with Ute Bock Special Prize on Sunday, January 20th. A refugees’ delegation received the award in the course of the Matinee in Volkstheater in Vienna. The refugees announced to donate the prize money of 3.000 Euros to Caritas, to support and help people in need. At the same time, the refugees referenced their own situation, emphasizing that “We don’t need money, but human rights and humaneness”.

Die Refugees in der Votivkirche sind von “SOS Mitmensch” mit dem Ute-Bock-Sonderpreis ausgezeichnet worden. Eine Gruppe der Flüchtlinge nahm den Preis am Sonntag bei der im Wiener Volkstheater stattfindenden Matinee entgegen. Gleichzeitig erklärten die Flüchtlinge, das Preisgeld in der Höhe von 3.000 Euro an die Caritas zu übergeben. Damit soll Menschen in Not geholfen werden, erklärten die Flüchtlinge, die gleichzeitig auf ihre eigene Situation hinwiesen: “Wir brauchen kein Geld, sondern Menschenrechte und Menschlichkeit”, betonten die Ausgezeichneten.

Quelle/Source (deutsch): http://www.kathweb.at/site/nachrichten/database/51994.html

Grußbotschaft von Ex-Kulturstadtrat Peter Marboe für die Demo am Sonntag

Der unmissverständliche Hinweis, dass vor Gott alle Menschen gleich sind, gehört zu den wichtigsten Lehrsätzen der Bibel. Ich unterstütze jede Initiative, die dazu beitragen kann, die Situation der Menschen in der Votivkirche, wo sie Schutz gesucht haben, zu verbessern. Insbesondere appelliere ich auch an die politischen Entscheidungsträger Vorsorge zu treffen, dass Menschen, die auf der Flucht sind und Hilfe brauchen, eine menschenwürdige Aufnahme finden, vor allem, was Unterbringung, soziale und medizinische Betreuung sowie eine temporäre Arbeitsbewilligung betrifft.

Gewiß, im Rahmen der Gesetze, die man aber, wenn sie nicht reichen, auch ändern kann und muß. Und jede offene, auf christlich humanistischen Werten beruhende Gesellschaft muss auch immer die Möglichkeit haben, in besonderen Härtefällen Gnade vor Recht ergehen zu lassen.
Peter Marboe.

Audio: FM4 Jugendzimmer Refugee Camp 18.01.2013 / FM4 Jugendzimmer Refugee Camp Jan 18th, 2013

Two of the protesting refugees and two of their supporters are Elisabeth Scharang’s studio guests. The refugees tell about their life and explain the background and answer the questions of interested audience on the phone.

Seit Mitte Dezember haben zwei Dutzend AsylwerberInnen ihre Schlafsäcke in der kalten Votivkirche aufgerollt und kämpfen für ihre Rechte.Ihre Forderungen haben sie klar formuliert: Zugang zum Arbeitsmarkt für AsylwerberInnen, bessere Unterbringung, eine menschenwürdige Behandlung beim Asylverfahren. Seit Weihnachten befinden sie sich im Hungerstreik.

Audio via FM4 on demand

Zwei der protestierenden Refugees und zwei ihrer Unterstützer_innen sind bei Elisabeth Scharang im Studio zu Gast. Die Refugees erzählen ihre Geschichte und erklären ihren Hintergrund und beantworten über eine Stunde lang die Fragen von Anrufer_innen.

Seit Mitte Dezember haben zwei Dutzend AsylwerberInnen ihre Schlafsäcke in der kalten Votivkirche aufgerollt und kämpfen für ihre Rechte.Ihre Forderungen haben sie klar formuliert: Zugang zum Arbeitsmarkt für AsylwerberInnen, bessere Unterbringung, eine menschenwürdige Behandlung beim Asylverfahren. Seit Weihnachten befinden sie sich im Hungerstreik.

Audio via FM4 on demand

Parachinar turns to a valley of death

Weiter zur deutschsprachigen Version

Letter out of the Votivchurch, 11.1.2013:

This is a call to humanity, today I will write with the voice of my heart. I already told about all my problems when I gave the interview for the asylum but there was nobody to hear because I got two times negative. Today when you search Google & Youtube you will see and read all about the situation which we face in Pakistan, but now also hear from my heart.

Parachinar is situated in the north-west of Pakistan near the Afghan border. Parachinar once was known as “Parrot Beak” but from 2007 till now this area is a ground of blood. In Parachinar Shia muslims are threatened for many years.

Continue reading “Parachinar turns to a valley of death”

Polizei bestätigt verspätet: Vier Aktivisten nahe Votivkirche festgenommen – Verfassungsschutz führt willkürlich Kontrollen sogar in Kirche durch

Der Polizeieinsatz fand zwar nicht in der Kirche statt. Die Wiener Caritas kritisiert allerdings, dass zuletzt wiederholt Beamte des Verfassungsschutzes Kontrollen in der Votivkirche durchgeführt und damit gegen die getroffenen Vereinbarungen verstoßen hätten.

Continue reading “Polizei bestätigt verspätet: Vier Aktivisten nahe Votivkirche festgenommen – Verfassungsschutz führt willkürlich Kontrollen sogar in Kirche durch”

Update about Right to Exist, Refugee House, and tent camp / Update Recht op Bestaan, Vluchthuis en tentenkamp

*Nederlands beneden*

Press Release:

Update about Right to Exist, Refugee House, and tent camp

Yesterday, we, the deported refugees held a press conference in the squatted church which has been christened as the “Refugee House.” Two spokespeople gave an update about how it is going with the church and the upcoming actions.

Yesterday afternoon at 14:00, several people from the Bishopric of Rotterdam and the parish came to have a discussion. Even though they found it to be a less than ideal situation, they understood the need for shelter for homeless and rejected asylum seekers. Therefore, they are not planning to take legal action against us. Next week, we will have a meeting with the parish and plan to keep the lines of communication open in the future. We are happy that we have shelter until there is a definitive plan with the church. The announcements that there supposedly was no electricity and running water are false; there are toilets and even a kitchen available.

Continue reading “Update about Right to Exist, Refugee House, and tent camp / Update Recht op Bestaan, Vluchthuis en tentenkamp”

Calais: mehrere Hundert Flüchtlinge kämpfen um ihr Überleben

Aktuelle Lage in Calais

Die CRS ist zurück, Einheit 5, drei Patrouillenwagen. Sie kommen zu jeder Mahlzeit im Salam (karitative Essensausgabe), um PAF und / oder Police National zu unterstützen bei der körperlichen Durchsuchung jeder einzelnen Person, die essen möchte. Meistens stehen dort mehrere Wagen, umringt von Polizisten, die den Eingang bewachen. Und auf der anderen Straßenseite stehen weitere Wagen. Beobachten. Dies geschieht nun jeden Tag seit Weihnachten, mit keinerlei Hinweis darauf, dass sie diese Körperkontrollen bald einstellen. Die Polizei behauptet, ohne jeden Humor, dies geschehe „zum Schutz der Migranten“.

Doch es ist klar, dass sie dies nur tun, um Migranten dazu bewegen, nicht mehr zur Essensausgabe zu kommen. Auch wurden Leute schon abgewiesen, den Bereich dieser zu betreten, aufgrund eines „respektlosen“ Verhaltens gegenüber der Polizei, auch beim kleinsten Anzeichen Unwillens.

In dieser Woche hat die PAF erneut einen Squat (leer stehendes Haus, in dem Flüchtlinge unterkommen) gestürmt, um fünf Uhr morgens. Es scheint, einfach aus Spaß. Sie stürmten den Squat, weckten die Menschen mit Taschenlampen auf und warfen eine Person gegen die Wand, mit dem Verweis darauf, dass sich jene beim letzten Mal während der Essensausgabe nicht respektvoll verhalten habe. Die PAF ängstigte die dort schlafenden Leute und gingen dann. Keine Verhaftungen, keine Räumung.

Davon abgesehen, war die Stimmung letzte Woche recht ruhig und gesetzt. Es gab keine weiteren Kämpfe und ebenfalls nicht so viele ID Kontrollen auf den Straßen und Räumungen wie normalerweise. Dafür umso stärker die Fokussierung auf die Kontrollen während der Essensausgabe.

Die letzten Wochen fuhr ein Rad – Soundsystem durch die Straßen, Squats, Jungles und zur Essensausgabe, um Tanz und Spaß zu bringen. Regelmäßiger Sprachenunterricht wurde gegeben. Basketball sessions. Und Workshops mit Menschen.

Unterstützung von inhaftierten Menschen geht weiter. Ebensowie die Abschiebungen, vor allem nach Italien und Osteuropa, aber auch einige nicht – europäische Staaten.

Der Winter ist wirklich hart, es ist immer noch nass, windig und kalt.
Decken, Zelte, warme Schuhe und Jacken werden dringend benötigt. Es kommen immer mehr Menschen mit nichts an, und unser Vorrat neigt sich dem Ende. Die zwei-wöchige Klamottenausgabe der Kirche findet ebenfalls nicht mehr regelmäßg statt und wird bald geschlossen, wenn es nicht bald Unterstützung gibt. Das wäre ein Riesenproblem für die Menschen, viele vertrauen auf dieses Angebot und Versorgung.

Mehr Infos unter
http://calaismigrantsolidarity.blogsport.de/
http://calaismigrantsolidarity.wordpress.com/

Lille: 66. Tag Hungerstreik der Sans Papiers

Hungerstreik der Sans papiers in Lille – Am inzwischen 66. Tag

Artikel von Bernard Schmid, 06.01.2013

Der amtierende rechtssozialdemokratische Innenminister Frankreichs, Manuel Valls, bemüht sich nach vollen Kräften, zum „würdigen“ Nachfolger seiner rechten Amtsvorgänger zu werden. Dies bewies er jüngst im Umgang mit dem Hungerstreiks von Sans papiers – also „illegalen“ Einwanderern – im nordfranzösischen Lille, welcher seit dem 02. November 12 andauert und bei Abschluss dieses Artikels kein Ende gefunden hat.

Ursprünglich nahmen 125 Menschen, überwiegend aus Algerien, Guinea und Thailand, an der Hungerstreikaktion teil. Bei Redaktionsschluss waren es noch vierzig, u.a. weil einige Teilnehmer/innen nach den Befunden einer medizinischen Untersuchung vom 19. Dezember ihre Aktion abgebrochen hatten. Ihr Hungerstreik findet in einem (bei diesem Wetter ziemlich kalten) Zelt vor der Kirche Saint-Maurice, in der rue de Paris, statt. Am 21. Dezember 21 hatten die Hungerstreikenden und ihre Unterstützer/innen versucht, sich in der Kirche zu installieren, doch deren Verantwortliche riefen die Polizei. Am selben Abend wurde die Kirche geräumt. Nach wie vor ist eine Klage des bischöflichen Amts wegen Hausfriedensbruchs anhängig; und ihre Rücknahme zählt, neben der Ausstellung von Aufenthaltstiteln für die „illegalen“ Einwanderer, zu den Hauptforderungen der Unterstützer/innen.

Abgeschoben nach 58 Tagen Hungerstreik

Am 58. Tag dieses Hungerstreiks ließ der Präfekt in Lille (d.h. der Vertreter des Zentralstaats und Leiter der Polizei- und Ausländerbehörden im Bezirk, der dem Innenministerium untersteht und weisungsgebunden agiert) zwei Teilnehmer am frühen Morgen in ein Flugzeug setzen und in ihr Herkunftsland Algerien verfrachten. Ahmed und Azzedine, so lauten die Vornamen der beiden, wurden dabei an den Händen gefesselt, geknebelt und ihr Mund wurde mit Klebeband zugebunden.

Pikanterweise wurde ihre Abschiebung am 30. Dezember 12 durchgeführt, noch bevor der Appellationshof (d.h. das Berufungsgericht) im nordfranzösischen Douai über ihre Anträge auf Freilassung aus der Abschiebehaft entscheiden konnte. In erster Instanz hatten die Richter ihre Entlassung aus der Abschiebehaft angeordnet, doch der Präfekt hatte Berufung gegen die Entscheidung eingelegt und dadurch ihre Freilassung verhindert. Doch dann warteten die Behörden die Entscheidung des Gerichts nichts ab, sondern führten die Abschiebung einfach durch. Das ist theoretisch dann gesetzeskonform, wenn die erstinstanzliche Entscheidung zugunsten der Behörden ausfällt, da die Berufung (im Unterschied zur ersten Instanz) „keine aufschiebende Wirkung“ hat, also nicht die Aussetzung einer behördlichen Maßnahme erzwingt. Aber in diesem Falle hatte die Präfektur in erster Instanz verloren, ihre Abschiebeverfügung war also im Prinzip illegal. – Infolge des weit fortgeschrittenen Hungerstreiks (sowie ihres Transports zum Gericht in Douai in reiseunfähigem Zustand, für einen der beiden) waren die beiden Algerier körperlich erheblich geschwächt. Nach ihrer Ankunft in Tizi Ouzou – in der Berberregion Algeriens – wurden die beiden in medizinische Behandlung genommen. Einer der beiden liegt seitdem, bis Redaktionsschluss dieses Artikels, im dortigen Krankenhaus.

Lille ist seit langen Jahren ein Zentrum von harten Kämpfen der „illegalisierten“ Traditionen. Auch Hungerstreiks – eine Aktionsform, die durch viele Unterstützer/innen der Sans papiers, u.a. die Gewerkschaften im Kern eher abgelehnt wird – haben dort eine gewisse „Tradition“. Im Herbst 1998 fand dort bereits ein längerer Hungerstreik statt (Vgl. dazu auch http://jungle-world.com/artikel/1998/49/34010.html externer Link ). Im Jahr 2007 ein weiterer, auf den die damalige Rechtsregierung zum ersten Mal mit Abschiebungen während eines laufenden Hungerstreiks antwortete, vgl. dazu http://www.trend.infopartisan.net/trd0907/t230907.html externer Link – Bis dahin hatten auch rechte Regierungen gegenüber hungerstreikenden Sans papiers i.d.R. keine, potenziell gefährlichen, Abschiebungen vorgenommen. Der erste kollektive Hungerstreiks von „papierlosen“ Einwanderern, im Sommer 1996 in der Pariser Kirche Saint-Bernard, war zwar am 50. Tag durch das Eindringen von Polizeikräften in die Kirche abgebrochen worden. Allerdings wurde damals niemand abgeschoben, sondern die rund 300 Teilnehmer/innen an dieser ersten Protestbewegung der Sans papiers – auf die alle anderen zeitlich nachfolgten – wurden durch die Regierung de facto (ohne größeres Aufsehen darum erregen zu wollen) „legalisiert“. Also mit Aufenthaltstiteln ausgestattet, wie sie zuvor gefordert hatten. Seit den Ereignissen von 2007 in Lille wurde die Gangart jedoch erheblich verschärft.
Ein „würdiger“ Nachfolger

Seit dem Amtsantritt des rechten Sozialdemokraten Manuel Valls im Innenministerium (Mai 2012) trat dieser in vielfacher Hinsicht in die Fußstapfen seiner rechten Vorgänger. Er beließ in Lille den vom rechten Innenminister Claude Guéant ausgesuchten und im April 2011 eingesetzten Präfekten, Dominique Bur, im Amt. (Sicherlich konnte er nicht alle Präfekten auf einmal auswechseln, allerdings ihnen klar Dienstanweisungen zur künftigen „Ausländerpolitik“ erteilen. Was im Übrigen auch geschah, aber eben nicht im Sinne einer deutlichen Änderung…)

Auch frankreichweit wurde die Abschiebepolitik seines Vorgängers weitgehend bruchlos fortgesetzt. Um den Jahreswechsel 2012/13 verlautbarte, dass die Abschiebezahlen für das abgelaufene Jahr einen neuen Rekordweit von mutmaßlich gut 33.000 durchgeführten „Entfernungen vom Staatsgebiet“ erreichen, also einen höheren Wert als noch im Vorjahr 2011 unter einer strammen Rechtsregierung (damals 32.922). Sicherlich ist Manuel Valls erst für die Bilanz seit Mai des Jahres verantwortlich, doch lässt sich kein Bruch im Zwischenzeitraum feststellen.

Am 28. November 12 erließ Valls allerdings eine Dienstanweisung in Gestalt einer so genannten Circulaire, eines ministeriellen Rundschreibens an die Präfekten, zum Umgang mit den „illegalen“ Einwanderern. Es sieht eine Einzelfall-„Legalisierung“ unter Anlegen von präzisen Kriterien vor, und unterscheidet sich dadurch nicht wirklich vom Herangehen der Vorgängerregierungen, die ebenfalls „von Fall zu Fall“ unter Zuhilfenahme eines Kriterienkatalogs „legalisiert“ hatten. Der damalige rechte Innenminister Nicolas Sarkozy erteilte etwa im Sommer 2006 rund 7.000 Eltern in Frankreich eingeschulter Kinder auf diese Weise Aufenthaltstitel. Manuels Valls’ Rundschreiben sieht ebenfalls eine „Legalisierung“ der Familien schulpflichtiger Kinder vor, unter der Bedingung, dass diese seit mindestens drei Jahren permanent eingeschult sind. Ferner werden in Frankreich arbeitende (also auch Sozialabgaben, oft auch Steuern zahlende) Sans papiers „legalisiert“, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen.

Dazu gehört, dass sie sich seit mindestens fünf Jahren im Land aufhalten müssen und in den letzten beiden Jahren mindestens acht Monate sozialabgabenpflichtiger Tätigkeit – unter Vorlage von Lohnzetteln – nachweisen können. Nun arbeiten zwar fast alle Sans papiers ; zumal sie ja keinerlei Anrecht auf Arbeitslosenunterstützung oder andere Sozialleistungen haben. Aber eben nicht alle mit offiziellen Lohnzetteln und unter Abführung von Sozialabgaben durch ihren „Arbeitgeber“. Wollen Letztere doch oftmals ihre Situation ausnutzen, um sie in unerklärte Beschäftigungsverhältnisse ohne Einzahlung in die Sozialkassen zu zwingen. Dies trifft nicht in allen Fällen zu; es gibt etwa auch Situationen, in denen zwar der Aufenthalt in Frankreich „illegal“ ist, aber nicht das Beschäftigungsverhältnis als solches. (Es konnte beispielsweise eingegangen werden, indem dem Arbeitgeber der Aufenthaltstitel einer anderen Person vorgezeigt wurde, und/oder indem der Arbeitgeber beide Augen zukniff, auch wenn er sich seit 2007 im Falle der Beschäftigung eines „illegalen Ausländers“ im Prinzip strafbar macht.) Doch werden faktisch viele, auch arbeitende, Sans papiers durch diese Dienstanordnung aus dem Innenministerium vom Zugang zu Aufenthaltstiteln ausgegrenzt.

Darauf war, und ist, der Hungerstreiks von Lille die Antwort. „Aus humanitären Gründen“ versuchen die Teilnehmer/innen, ihre Legalisierung durch die Erzeugung von öffentlichem Druck zu erzwingen.

Doch fällt dieser Druck bislang so schwach aus wie selten – kein Vergleich zu der breiten (auch gewerkschaftlichen) Unterstützungsbewegung für die Sans papiers, die es etwa im Jahr 1996 gegeben hat. Ihre Aktion in Lille erscheint bislang relativ isoliert, zumal viele Unterstützer/innen die Aktionsform des Hungerstreiks nicht gutheißen, sondern eher bspw. Streiks wie die in den Jahren 2008 und 2009 durchgeführten favorisieren. (Was im Prinzip nicht falsch ist. Allerdings können nur jene „illegalisierten“ Einwanderer am Arbeitsplatz streiken, in deren Unternehmen dies vom Kräfteverhältnis her möglich ist, weil mehrere Beschäftigte daran teilnehmen.)

Insbesondere die gewerkschaftliche Unterstützung fällt derzeit ausgesprochen schwach aus. Auch wenn die Union départementale – also der Bezirksverband – der CGT im Bezirk Nord (wo Lille liegt) am 03. Januar 13 einen Brief mit eindeutiger Unterstützung für die Forderungen der Hungerstreikenden an den Präfekten schrieb, und ihn auch veröffentlichte. Auch einzelne andere Gewerkschaftsverbände, wie die CGT in Conflent (Südwestfrankreich) Ende Dezember 12 oder die Gewerkschaft im Bildungswesen FSU, unterstützten inzwischen ihre Forderungen. Allerdings fällt das Gewicht der gewerkschaftlichen Unterstützung insgesamt mager aus. Und frankreichweit ist die selbstorganisierte Bewegung der Sans papiers in den letzten Jahren weitaus eher zersplittert als einheitlich.

Aktionen

Um die bislang vorhaltende Isolierung zu überwinden, fanden in den letzten Tagen einige teilweise spektakuläre Aktionen statt. Am Freitag, den 28. Dezember 12 demonstrierten zunächst 200 Personen in Paris aus Solidarität mit den Hungerstreik, am 29. Dezember dann rund 500 In Lille. Am Sylvestertag fand am Vormittag eine Besetzung der ,Nonciature apostolique’ – das ist die Botschaft des Vatikan – in Paris durch rund 40 Sans papiers und Unterstützer in Paris statt. Am Nachmittag wurde die Besetzung durch die Polizei geräumt, und alle Teilnehmer/innen wurden in Polizeifahrzeugen abtransportiert, im Anschluss jedoch nicht festgehalten.

Am 03. Januar 13 wurde in Paris versucht, die Parteizentrale der regierenden „Sozialistischen Partei“ in der rue Solférino zu besetzen. Rund 20 Teilnehmer/inne/n gelang es, in den Innenhof des Gebäudes zu kommen. Acht weitere ketteten sich an den Gittern fest. Drinnen wurden sie nach starkem Drängen durch Berater des (seit November 12 amtierenden) Parteivorsitzenden, und früheren Chefs von SOS Racisme, Harlem Désir empfangen. Er selbst weilte offiziell im Urlaub. Diese Berater verpflichteten sich, „die mitgeteilten Informationen ins Innenministerium weiterzugeben“ und sich für eine régularisation (d.h. „Legalisierung“) der Betreffenden stark zu machen. Allerdings erklärte die Partei im Nachhinein in der Presse (Le Monde), für die Erfüllung dieser Forderung sei sie nicht zuständig. Die Teilnehmer/innen an der Aktion, die draußen von mehreren Hundert Menschen erwartet wurden, gaben an Ort und Stelle ebenfalls eine Pressekonferenz, unter starker Aufmerksamkeit der Medien.

Ungefähr zeitgleich wurde in Lille das dortige Rathaus, wo Martine Aubry – von Ende 1998 bis Ende 2012 Parteivorsitzende der französischen „Sozialisten“ – als Bürgermeisterin amtiert, vorübergehend besetzt. Den Teilnehmer/innen an der Aktion wurde eine spätere Diskussion mit Martine Aubry zugesagt. Am Samstag, den 05. Januar demonstrierten wiederum rund 300 Menschen in Lille, unter Beteiligung des progressiven (und vom Vatikan geschassten) Bischofs Jacques Gaillot, und rund 200 in Paris. Am Abend des heutigen Montag, 07. Januar wird in Paris eine Protestversammlung vor den Türen des Sitzes der „Sozialistischen Partei“ in der rue Solférino stattfinden, die an den folgenden Tagen wiederholt werden soll. Auch in Lille soll es zu täglichen Versammlungen kommen.

Die Präfektur von Lille hatte sich Anfang Januar 13 dazu verpflichtet, die Hungerstreikenden am Mittwoch, den 09. Januar zu empfangen und „ihre Dossiers zu untersuchen“. Dann befinden sich die Teilnehmer/innen am 69. Tag ihres Hungerstreiks, wobei einige von ihnen – bei ihrer Bitte um medizinische Behandlung im Krankenhaus – anscheinend gegen ihren erklärten Willen durch Infusionen ernährt worden sind, um akute Zuspitzungen ihrer gesundheitlichen Situation abzuwenden respektive ihre Blutwerte scheinbar zu verbessern. Viele von ihnen haben 20 Kilogramm Gewicht verloren.

Die Präfektur spricht jedoch bislang stets nur von „angeblichem Hungerstreik“ und „nach eigenen Angaben Hungerstreikenden“ und stellt dadurch die Wirklichkeit der Verweigerung von Nahrungsaufnahme in Frage. Im Widerspruch dazu steht allerdings, dass die Präfektur in Erklärungen vom 24. Dezember und vom 03. Januar die („angeblichen“) Hungerstreikenden dazu aufforderte, ihre Aktion abzubrechen, weil diese laut Mitteilung des Präfekten „unnötig ihre Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel setzt“. Bei einem nur angeblichen Hungerstreik eigentlich ein unnötiger Hinweis…

Aufgrund der zu erwartenden Zuspitzung werden die kommenden Tage in jedem Fall entscheidend werden.

Link: http://www.labournet.de/internationales/frankreich/soziale_konflikte-frankreich/hungerstreik-der-sans-papiers-in-lille-am-inzwischen-66-tag/

State award winner among the refugees in the Votive Church – Peter Waterhouse on the protest / Lo scrittore Peter Waterhouse visita i profughi nella Votivkirche – ecco le sue opinioni / Staatspreisträger unter den Geflüchteten in der Votivkirche – Peter Waterhouse über den Protest

*Deutschsprachige Version unten* *Versione italiano disotto*

State award winner among the refugees in the Votive Church

Day 24 of the hunger strike / Peter Waterhouse on the protest

Vienna (OTS) – Peter Waterhouse, state award winner and member of the Austrian Art Senate, spent the night in the Votive Church in the course of the initiative ‘sleeping in solidarity’. The “powerfully eloquent language seeker and narrator Peter Waterhouse, who also is a politically active person and who uses his artistic language to give back to those who live on the fringe of society their human dignity, which those in power at the blackout bazar stole from them” (Josef Winkler), has captured his impressions and conclusions of his experience in the form of a text. “I believe that the most sacred place at this hour and these days is that large bed in the Votive Church which 67 people have been living in for a couple of weeks now in the freezing cold”, says Waterhouse.

In his impressive speech he says: “All in all, I find the reports and speeches, the reflection on refugees in Austria to be overly shaped by discrimination and more clearly actually by discredit.” He encounters a ‘general discouragement’ in the speeches of politicians, particularly in the speech of the ‘mayor of this city’. The text and the video of the night of 12 January can be found here: http://refugeecampvienna.noblogs.org/post/category/solidarity/sleeping-in-solidarity/

~
For further information:
Refugee camp press phone number: +43 (0)69917013536

Lo scrittore Peter Waterhouse visita i profughi nella Votivkirche – ecco le sue opinioni

giorno 24 dello sciopero della fame / Peter Waterhouse sulla protesta

Vienna – Lo scrittore Peter Waterhouse, vincitore del Grande Premio Statale di Austria (Österreichischer Staatspreis) e membro del Senato austriaco per la cultura (Österreichischer Kultursenat) ha passato una notte nella Votivkirche nell’ambito dell’azione “sleeping in solidarity”. Peter Waterhouse, “un narratore e un esploratore della lingua, impegnato anche politicamente, che scrive in una lingua avvolgente, abile a restituire agli emarginati dalla società la loro dignità umana che è stata loro rubata dai potenti nel bazar delle decisioni sbagliate” come lo descrive lo scrittore Josef Winkler, ha parlato in un’intervista delle sue impressioni e conclusioni su ciò che ha visto: “Penso che il luogo più sacrale in questa chiesa, a quest’ora e in questi giorni, sia quel grande letto in cui 67 uomini abitano da alcune settimane, con questo grande gelo.”

Nel suo contributo suggestivo egli dice: „Generalmente nei discorsi, nei reportages e nelle riflessione sui profughi in Austria prevale la discriminazione, o meglio dire il discredito.” Nei discorsi dei politici, specialmente nelle parole pronunciate dal Sindaco di Vienna, nota uno “scorraggiamento generale”. Potete trovare il video del 12 gennaio e la trascrizione verbale sul sito http://refugeecampvienna.noblogs.org/post/category/solidarity/sleeping-in-solidarity/.

Staatspreisträger unter den Geflüchteten in der Votivkirche

Hungerstreiktag 24 / Peter Waterhouse über den Protest

Wien (OTS) – Peter Waterhouse, Staatspreisträger und Mitglied des österreichischen Kultursenats verbrachte im Zuge der Aktion ‘solidarisch schlafen’ eine Nacht in der Votivkirche. Der “wortgewaltige Sprachsucher und Erzähler Peter Waterhouse, der ein auch politisch engagierter Mensch ist, und seine kunstvolle Sprache dafür benützt, um den am Rande der Gesellschaft Stehenden die Menschenwürde wiederzugeben, die ihnen die Mächtigen am Bazar der Kurzschlüsse geraubt haben” (Josef Winkler) hat seine Eindrücke und Schlussfolgerung aus dem Erlebten hat in einem Text festgehalten. “Ich glaube, dass der sakralste Ort in dieser Stunde und in diesen Tagen in der Votivkirche dieses große Bett ist, in dem 67 Personen in eisiger Kälte seit einigen Wochen wohnen”, so Waterhouse.

In seinem eindrucksvollen Beitrag hält er fest: “Insgesamt finde ich das Berichten und Reden, das Nachdenken über Flüchtlinge in Österreich allzu sehr geprägt von Diskriminierung und genauer gesagt eigentlich Diskreditierung.” Er findet eine ‘allgemeine Entmutigung’ in den Reden der PolitikerInnen wieder, insbesondere aber bei dem ‘Bürgermeister dieser Stadt’. Text und Video von der Nacht des 12. Jänner sind einsehbar auf: http://refugeecampvienna.noblogs.org/post/category/solidarity/sleeping-in-solidarity/

~
Rückfragehinweis:
Refugee Camp Pressetelefon für Rückfragen: +43 (0)69917013536

4 Aktivisten der Wiener Refugee-Proteste in Schubhaft! Die Gefangenen müssen sofort freigelassen werden!

Ihr könnt euch natürlich bei den Verantwortlichen beschweren!

Am Samstag, 12. Januar, drang die Polizei aufgrund eines anonymen Anruf rassistischer Nachbar*innen in einen von Studierenden genutzten Raum der Uni Wien ein, in dem sich Teilnehmer*innen der seit 2 Monaten andauernden Refugee-Proteste aufhielten. Die Polizist*innen kontrollierten die Papiere und den Aufenthaltsstatus aller Anwesenden, 7 Menschen mit prekärem Status wurden festgenommen. 3 wurden am selben Abend entlassen. 4 Personen befinden sich bis zum jetzigen Zeitpunkt in Haft, nach letztem Informationsstand im Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel. Gegen 3 pakistanische Staatsangehörige wurde nachweislich Schubhaft verhängt, der Verbleib eines algerischen Staatsbürgers ist bislang ungeklärt.

Continue reading “4 Aktivisten der Wiener Refugee-Proteste in Schubhaft! Die Gefangenen müssen sofort freigelassen werden!”

Video: Statement von Peter Waterhouse, prominenter Gast in der Votivkirche

Ich glaube, dass der sakralste Ort in dieser Stunde und in diesen Tagen in der Votivkirche dieses große Bett ist, in dem 67 Personen in eisiger Kälte seit einigen Wochen wohnen. / I think that the most sacred space in this hour and in these days is indeed this big bed in the Votiv church, this bed in which 67 persons are living in a cold climate.

Textstatement Peter Waterhouse: [EN/DE] http://refugeecampvienna.noblogs.org/post/2013/01/14/peter-waterhouse-ich-glaube-dass-der-sakralste-ort-in-dieser-stunde-und-in-diesen-tagen-in-der-votivkirche-dieses-grose-bett-ist-in-dem-67-personen-in-eisiger-kalte-seit-einigen-wochen-wohnen/