Solidaritäts-Statement von Prof. Dr. Wolf-Dieter Just, Evang. Fachhochschule Bochum.
Gründer und Ehrenvorsitzender der “ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche”
Wir sehen uns mit unserer Kirchasyarbeit nicht nur biblisch und theologisch legitimiert – das reicht in Auseinandersetzungen mit Politik und Gesellschaft, mit Behörden und Gerichten im säkularen Rechtsstaat nicht aus -, sondern auch durch die oberste Norm unserer Verfassung. Wir erinnern staatliche Stellen daran, dass die Achtung der Menschenwürde Verpflichtung aller staatlichen Gewalt ist (GG 1,1) und dass das Bekenntnis des deutschen Volkes zu den Menschenrechten alle “Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht” bindet (Art 1,3 GG). Ich habe die östereichische Verfassung nicht vor Augen, gehe aber davon aus, dass auch sie auf einem Bekenntnis zur Unantastbarkeit der Menschenwürde und unverletzlichen Menschenrechten beruht.
Außerdem gelten diese normativen Vorgaben für Recht, Gesetz und vollziehende Gewalt auch in der Europäischen Union. Die Charta der Grundrechte der EU, die 2009 mit dem Vertrag von Lissabon rechtskräftig geworden ist, bekennt sich in ihrer Präambel zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und im 1. Artikel zur Würde des Menschen: Er lautet: “Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schätzen.” Uns war immer wichtig, dieses zu betonen, zumal von bestimmter Seite der Vorwurf kam, Kirchenasyl sei Rechtsbruch, gar ein Infragestellung des Rechtsstaates.
Unsere Antwort war und ist:Wo Menschen im Falle einer Abschiebung Gefahren für ihre Würde und Menschenrechte (d.h. für Leib, Leben, Freiheit oder Sicherheit) drohen, da brauchen sie Schutz. Wenn der Staat vor dieser Aufgabe versagt, müssen andere dafür eintreten. Kirchenasyl ist “subsidiärer Menschenrechtsschutz“ da, wo der Staat dieser seiner Aufgabe nicht nachkommt. (so der ehemalige Ratsvorsitzende der Ev. Kirche in Deutschland, Bischof W.Huber) Mit dem Asyl in der Kirche wollen wir nicht den Rechtsstaat in Frage stellen, sondern ihn schützen.
Außerdem können wir uns auf die Gewissens- und Religionsfreiheit (Art. 10 Charta der Grundrechte in der Europäischen Union und GG Art. 4) berufen. Es gibt eine christliche Beistandspflicht für Menschen in Not. In einer Handreichung der Berlin-Brandenburgischen Kirche zum Kirchenasyl heißt es “Keine rechtliche Regelung und kein formal korrekt durchgeführtes Verfahren können aufheben, dass ein Gewissen durch Gottes Wort so stark gebunden ist, das es in Konflikt zu staatlichem Handeln gerät. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stellt das Grundrecht der Gewissenfreiheit eine wertentscheidende Grundsatznorm dar, die bei jeder Staatstätigkeit … eine Wertmaßstäbe setzende Kraft entfaltet. Von der Verfassung her besteht daher ein Wohlwollensgebot gegenüber gewissensbestimmtem Handeln.”
Weitere Informationen auf: www.kirchensyl.de