Im Zuge der Kampagne “Solidarisch Schlafen”, bei der prominente Unterstützer_innen eine Nacht in der Votivkirche verbringen, wollte auch Paul Poet (Filmregisseur, Kurator) seine Solidarität mit den Anliegen der Refugees zeigen. Leider war dies nicht möglich, da Poet der Zutritt zur Kirche aus fadenscheinigen Gründen verweigert wurde. Er ist damit leider nicht der erste, der vor verschlossenen Türen stehen gelassen wurde.
Im folgenden Paul Poets Eindrücke zur Situation in und um die Kirche:
“Hmmm, gemischte, eigentlich klar sturzwütende Gefühle vom Asyl-Camp der Besetzer in der Votivkirche gestern Nacht. Eine Situationsaufnahme:
64 Besetzer. 23 Hungerstreikende, teils in gesundheitlich bereits schwer bedenklichem Zustand. Mittlerweile verweigern sie sogar die Aufnahme von Hühnersuppe. Teilweise kann ihnen Zitronenkonzentrat als Vitaminersatz verabreicht werden, das aber extra rein geschmuggelt werden muss. Ich soll wie mit Kirche und Caritas besprochen als so genannter “Promi-Unterstützer” um 20 Uhr eingelassen werden, um die Nacht dort für Gespräche und als stärkende Schulter mit den Asylsuchenden zu verbringen.
Die Wahrheit: Die Tore bleiben geschlossen. Um Interviews ansuchende Medien wie der ORF, Filmemacher-Freundin Tina Leisch, die das Geschehen dokumentiert, und Unterstützer (wie nach mir geplant Grünen-Politikerin Ulrike Lunacek und Alkbottle Roman Gregory) werden generell nicht mehr zu den Hungerstreikenden gelassen. Während Kirche und Caritas nach außen um Gesichtbewahrung bemüht sind und sich angeblich um die Versorgung kümmern, die Politik vermittelt, das Gespräche zu einer Neuregelung im Gang sind, bleibt die Kirche beispielhaft unüblicherweise ganztägig ungeheizt, ein Arzt und Sanitäter übernehmen vor Ort lediglich Notfallmaßnahmen. Zwei Security-Leute sind sichtbar heillos überfordert. Die Spannung im Camp steigt stetig, da man sich unsicher ist, ob das Zeichen, das man setzen will, außen überhaupt ankommen.
Dafür: Kardinal Schönborn, “seine Eminenz”, ist, wie ich ankomme, in der Kirche um Gespräche zu führen. Inhalt: Die Übersiedlung des Asylcamps in die Servitenkirche nebst Kloster, wo “man” die Lage besser im Griff hat, sprich die Chose weniger auffällt. Ein “Lösungsvorschlag”, der sich über den vergangenen letzten Monat der Besetzung keinen Millimeter geändert hat und durch den “hohen Besuch” schmackhafter gemacht werden soll. Verbissene Caritas-Vertreter feinden etwa zwei bis drei Dutzend Demonstranten durch die Gitter an. Zivilpolizisten umzirkeln, in ihrer Unauffälligkeit mächtig potschert, das Gelände aus der Distanz. Es wird befohlen, nicht gebeten, Ruhe zu bewahren.
Eine Asylsuchende redet mit mir durch die Stäbe:
They are telling the public, they are the good people, the Caritas. In reality, it is mafia. It is all just pretending. The doctors, the priests, they are not talking to us. They are not touching us. It is all about control, watching from the distance. This is not humanitarian. It is like gestapo, the behaviour. Just waiting for us to die.
Sie wird abgedrängt. Ein Mann mit sorgfältiger Frisur wendet sich an die Demo und stellt sich als der zuständige Anwalt vor:
Are you getting me? Es finden gerade extrem wichtige Gespräche in dieser Kirche statt. Es muss Ihnen bewußt sein, das der positive Ausgang dieser Gespräche gefährdet ist, wenn Sie hier nicht Ruhe bewahren. Ihr Geschrei ist in diesen Räumen laut und deutlich zu hören. Der Kardinal könnte in seinem Vorbringen gestört werden. Und die Asylanten fürchten sich bei all diesem Lärm. Sie gefährden die Situation.
Ein Afrikaner vor dem Gitter in direktem, aber konstruktivem Tonfall:
Are you telling me my friends in there don´t recognise my shouting? Are you telling me, you are doing your high-paid job for twenty years here to help the situation? Where has Austria done anything in this twenty years to better the asylum situation? And you just use these twenty years to have me shut up?
Der Anwalt:
Ich lasse mich hier doch nicht anpöbeln!
Du, liebes altes Österreich, deine alles erschlagende Donnerhand, deine verlogene Contenance, deine spritzerwaache Einsteckhand, dein Zwetschenfleck und dein brunzwarmes Bier, ja, sie alle dulden keine rassische Vermischung, so zammgepudert und kreuzverlogen deine Kinderstube auch gewesen sein mag. Es wundert mich nicht mehr, wie pathologisch du am Immergleichen festhängst. Es wundert mich gar nichts mehr mit dir. Am allerwenigsten, wenn deine Politik nach einem Berufsheer schreit. Nach allen Fektern, Strassern und Grassern wird sie es auch noch einmal brauchen. Und sei es zum Schutz vor der eigenen Bevölkerung, ob vor Ort ausgenommen oder zugereist.“