Der Lohnarbeitsmarkt soll für Asylwerber_innen zugänglich werden
… noch höchstens ein paar Wochen
Geh oabeiten» ist ein oft gehörter Mahnruf, der sich vor allem an solche Menschen richtet, die jung sind, mit ihrer Zeit was Interessantes anzufangen wissen, die Straßen zum Protest nutzen oder neu in einem Land sind. Dass es Leute gibt, die (lohn)arbeiten gehen wollen, aber von Rechts wegen nicht dürfen, ist vielen unbekannt. Asylwerber_innen zum Beispiel sind vom regulären Lohnarbeitsmarkt ausgeschlossen. Dass sich das ändern soll, bestätigt die Berichterstattung in den Mainstreammedien und die Bildung einer Arbeitsgruppe in der SPÖ. Der Augustin hat die Bundesgeschäftsführerin der Gewerkschaft der Privatangestellten, Dwora Stein, dazu befragt.[…]
Die GPA hat im Juni 2012 einen Antrag zu Migration beschlossen mit spektakulären Forderungen wie Abschaffung der Schubhaft, Durchsetzung von Arbeits- und Sozialrechten für Leute ohne Aufenthaltspapiere etc. Wieso ist von diesen Forderungen jetzt öffentlich so wenig wahrzunehmen?
Es gab eine OTS-Aussendung vom 28. 12. zum Arbeitsmarktzugang und auch Interviews dazu. Zum Thema undokumentiertes Arbeiten gibt es konkret eine Arbeitsgruppe im ÖGB, die sich damit auseinandersetzt, wie man Menschen, die keine Papiere haben, unterstützen und ihnen vor allem auch bei der Rechtsdurchsetzung helfen kann. Es ist eine Frage des Zeitpunkts, wann das öffentlich gemacht wird.
Rechtshilfe ist ein zentral wichtiges Thema, denn Leute ohne Papiere werden wirklich ausgebeutet, befinden sich absolut in der Verfügungsgewalt der Leute, die sie beschäftigen, und müssen damit rechnen, dass sie nicht nur für sehr wenig Geld und unangemeldet arbeiten, sondern dass sie nicht mal dieses Geld bekommen. Das ist ein unhaltbarer Zustand!Das heißt, sie können bei Eintritt in die Gewerkschaft den Rechtsschutz der GPA sofort in Anspruch nehmen?
Ja, wenn sie Gewerkschaftsmitglied werden, können sie sofortigen Rechtsschutz der GPA in Anspruch nehmen. Auch den Rechtsschutz der Arbeiterkammer müssen sie bekommen, weil sonst ja dem Lohn- und Sozialdumping Tür und Tor geöffnet ist. Wenn Menschen beschäftigt werden, arbeiten, nicht bezahlt werden, dann abgeschoben werden und keine Möglichkeit haben, ihre Ansprüche geltend zu machen, ist das auch nicht im Interesse der österreichischen Arbeitnehmer_innen.
Die Forderung der GPA-djp geht ja noch darüber hinaus, da sie konkret einen Aufenthaltstitel für die Rechtsdurchsetzung will.
Ja genau. Weil es für eine_n Arbeitnehmer_in sehr schwer ist, Ansprüche geltend zu machen, wenn er oder sie nicht mehr vor Ort ist.
Als mögliche Forderung für eine sofortige Änderung kristallisiert sich die Rücknahme des sogenannten Bartenstein-Erlasses heraus. Dass wäre deshalb so günstig, weil das ja mit einem Federstrich des jetzigen Ministers möglich wäre. Sehen sie da Chancen?
Ich glaube, dass da etwas in Bewegung kommt. Weil ja auch die SPÖ bei ihrem letzten Parteipräsidium beschlossen hat, sehr schnell eine Arbeitsgruppe zu installieren, die sich mit einem kontrollierten Arbeitsmarktzugang für Asylwerber_innen auseinandersetzt.
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Es gibt an die 20.000 Asylsuchende in Österreich, davon ca. 8.000 Leute im arbeitsfähigen Alter. Wäre das so eine Gefahr für den österreichischen Arbeitsmarkt?
Ich glaube nicht, dass es eine Gefahr für den Arbeitsmarkt ist, aber so differenziert wird das in der Öffentlichkeit nicht diskutiert. Es ist keine große Gruppe und viele arbeiten ja schon – notgedrungen schwarz – und sind daher ausgeliefert und werden zu Konkurrent_innen, weil sie aufgrund ihrer Ausbeutbarkeit und der entfallenden Lohnnebenkosten viel billiger sind. Dadurch entgehen auch den Sozialversicherungen vor allem Arbeitgeberbeiträge.
Es wäre schon viel erreicht, wenn der Bartenstein-Erlass zurückgenommen wird, aber längerfristig sprechen wir von einem freien Zugang zum Arbeitsmarkt!Haben Sie das Gefühl, dass sich das Kräfteverhältnis jetzt verschiebt?
Es gibt mehrere Anzeichen dafür, dass etwas in Bewegung kommt. Der Wiener Bürgermeister hat sich vor einigen Tagen ganz klar für einen Arbeitsmarktzugang ausgesprochen und das ist ja nicht irgendwer. Es gibt die Arbeitsgruppe der SPÖ, und es muss auch ein Interesse geben, diese unhaltbare Situation zu beenden.
Wenn man die Proteste verfolgt, sind die großen Player die Caritas und die Diakonie. Ist die Gewerkschaft gar nicht involviert?
Ich finde gut, was die Caritas macht. Die war ja eine der Ersten, die für die Möglichkeit, in der Kirche zu übernachten, gesorgt haben. Uns geht es nicht darum, uns zu profilieren, das hielte ich auch für problematisch. Es geht darum, etwas in Bewegung zu bringen! Das können wir durch öffentliche Äußerungen, dadurch dass wir einen Anteil daran haben, dass es in der SPÖ diese Arbeitsgruppe gibt, dadurch dass wir Unterstützung im ÖGB für diejenigen, die gar keine Papiere haben, organisieren.
Viele Flüchtlinge kommen als gebildete Menschen nach Österreich. Was könnte man verändern, um Berufseinstiege in Quellberufen zu ermöglichen?
Das Entscheidende wäre, dass man Berufs- und Bildungsabschlüsse, die im Ausland erworben worden sind, in Österreich entsprechend würdigt und anerkennt. Wenn ich mir vergegenwärtige, dass die Wirtschaftskammer davon spricht, dass wir einen Facharbeitermangel haben, wäre es lohnend zu schauen, ob Asylwerber_innen entsprechende Ausbildungen haben und deren Anerkennung zu erleichtern.
[…]
Was kann die GPA den Protestierenden konkret anbieten?
Wir werden uns wirklich dafür einsetzen, dass sich beim Thema Arbeitsmarkt in relativer kurzer Zeit etwas tut!
In welcher Frist?
Es muss jetzt schnell gehen. Es kann aus meiner Sicht höchstens ein paar Wochen dauern.
Bei den Forderungen sind auch viele EU-Gesetze betroffen. Es gibt in Österreich das Gefühl, dass man vieles auf der nationalen Ebene gar nicht diskutieren kann.
Natürlich wäre eine EU-weite Regelung sinnvoll. Aber was ich nicht möchte, ist, dass man sagt, es muss alles auf EU-Ebene geregelt werden, weil dann verlässlich gar nichts passiert. Ich bin sehr dafür, dass wir uns jetzt auf das beschränken, was unmittelbar in Österreich umzusetzen ist.
Das sind erstens menschenwürdige Lebensbedingungen für Asylwerber_innen, zweitens das Thema Arbeitsmarktzugang und drittens Unterstützung für Menschen, die keine Papiere haben.Danke für das Gespräch.
Interview: Judith Hörlsberger, Kurto Wendt
Info:
Laut Ausländerbeschäftigungsgesetz haben Ausländer_innen nach 3 Monaten Zulassung zum Asylverfahren Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt. Der_die zukünftige Arbeitgeber_in kann eine Beschäftigungsbewilligung für die Zulassung zu einer konkreten Arbeitsstelle beim AMS beantragen. Diese wird nur nach erfolgter Prüfung der Arbeitsmarktlage, wenn also für die Stelle weder ein_e Österreicher_in, EWR-Bürger_in, oder «integrierte_r Ausländer_in» zur Verfügung steht, erteilt. Diese Regelung wurde jedoch 2004 durch den sogenannten Bartensteinerlass ausgehebelt. Seit dem sind Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerbende nur für Saisonbeschäftigung zu erteilen.
Das gesamte Interview: http://www.augustin.or.at/article2148.htm