Presseaussendungen von SOS Mitmensch, Asyl in Not und der ÖH
SOS Mitmensch: “Asylsystem saß bei Fluchthilfeprozess mit auf Anklagebank
Appell an Innenministerin: Flucht muss entkriminalisiert werden
Beim Fluchthilfeprozess saßen nicht nur Einzelpersonen auf der Anklagebank, sondern ein ganzes Asylsystem, das legale Flucht unmöglich und Schlepperei notwendig macht. Es wurde ein Asylsystem schuldig gesprochen, das Schutzsuchende zu illegalen Handlungen zwingt und ihre HelferInnen, auch wenn sie politisch Verfolgte gerettet und niemandem etwas zuleide getan haben, kriminalisiert. Die Lehre aus dem Schuldspruch muss sein, dass es erstens wieder legale Fluchtwege nach Europa und Österreich geben muss und dass zweitens Menschen, die Flüchtlingen bei der Schutzsuche helfen und sie dabei weder ausbeuten noch misshandeln, entkriminalisiert werden”, so Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch.
Pollak verweist darauf, dass das Recht auf Asyl in Österreich und Europa längst zum toten Recht verkommen wäre, wenn es keine FluchthelferInnen gäbe. “Wer in Europa Schutz finden will, kann nur innerhalb Europas einen Asylantrag stellen, hat aber keine Möglichkeit, legal nach Europa einzureisen. Flüchtlinge sind daher in den allermeisten Fällen zwingend auf die Dienste von FluchthelferInnen angewiesen. Eine Entkriminalisierung von Flucht ist dringend von Nöten”, richtet Pollak einen Appell an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.” (OTS von SOS Mitmensch am 5.12.2014)
“Schlepper”-Prozess: Wir sind alle gemeint
Asyl in Not verurteilt die Entscheidungen des Wiener Neustädter Gerichts und ruft zu einer Demonstration am Tag der Menschenrechte (10. Dezember) auf
Wien (OTS) – Der Prozeß gegen die sogenannten “Schlepper” ist Ausdruck eines tief verwurzelten Rassismus in den staatlichen Strukturen Österreichs.
Selbst bei geltender Rechtslage wären Freisprüche für alle Angeklagten möglich gewesen. Das Gericht hätte die Chance gehabt, ein gerechtes Urteil zu fällen. Es hat sie mutwillig vertan.
Somit wird jede noch so geringfügige Unterstützung für Flucht und Migration, die sich der Kontrolle durch die Obrigkeit zu entziehen versucht, kriminalisiert.
Das Wiener Neustädter Schandurteil fügt sich ein in eine Kette von Justizskandalen, die das Jahr 2014 prägten: vom Verfahren gegen Josef S. über den Landfriedensbruchprozeß gegen Rapidfans bis zur Verfolgung politisch aktiver MigrantInnen wegen ihrer Teilnahme an antifaschistischen Aktionen.
Wir alle, die für Freiheit und Gleichheit eintreten, sind dabei mitgemeint. Daher gehen wir auf die Straße:
Am 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, demonstrieren wir für die ersatzlose Streichung der Paragraphen 114 FPG (“Schlepperei”) und 274 StGB (“Landfriedensbruch”).
Beginn 18 Uhr: Westbahnhof / Christian Broda Platz.
Marsch auf der Mariahilferstraße zum Marcus Omofuma Stein, weiter auf der Ringstraße;
20 Uhr Schlußkundgebung am Ballhausplatz.
Unterstützende Organisationen: DIDF, Enara, Feykom, Gesellschaft für bedrohte Völker, Gewerkschaftlicher Linksblock, Grüner Klub im Rathaus, KPÖ, Offensive gegen rechts, Orqoa, NOWKR, Unterstützungskomitee zur Integration von MigrantInnen (UKI), Vindex, WUK-Vorstand.
www.asyl-in-not.org
ÖH ad Urteil im “Schlepper-Prozess“
Menschenrechte werden mit Füßen getreten
Wien/Wiener Neustadt (OTS) – Die Österreichische Hochschüler_innenschaft (ÖH) sieht die letzte Nacht geäußerten Urteile im “Schlepper-Prozess” als ungerechtfertigt an. “Wir kritisieren an den Urteilen vor allem, welche Handlungen hier als kriminell geahndet wurden”, so Florian Kraushofer vom Vorsitzteam.
“Eine Unterkunft zu bieten oder jemanden telefonieren zu lassen, ist nichts Kriminelles. Menschen in der Not zu helfen ist viel mehr etwas tief Menschliches und sollte selbstverständlich sein, gerade in Zeiten der weltweiten Flüchtlingskrisen. Hier werden die Menschenrechte eindeutig mit Füßen getreten”.
In einem weiterem Punkt sieht das Urteil außerdem eine “kriminelle Vereinigung” gegeben. “Mit diesem Urteil wird in der Öffentlichkeit ein Bild von schwer kriminellen Menschen erzeugt. In Wirklichkeit handelt es sich aber um Menschen auf der Flucht, die lediglich versucht haben anderen zu helfen. Hier misst die Justiz in Österreich eindeutig mit zweierlei Maß und orientiert sich bei ihrem Urteil an der Meinung der Boulevardmedien”, so Kraushofer. Zudem kam es im Verfahren immer wieder zu Übersetzungsfehlern, durch die Aussagen verfälscht interpretiert wurden. “All das zeigt uns, dass die Justiz in Österreich wieder einmal einen Schauprozess mit Scheinurteil geführt hat, wie es in diesem Jahr schon einige Mal der Fall war. Es braucht zukünftig unbedingt eine differenzierte Herangehensweise an die Themen Flucht und Asyl. Wir sehen die Bundesregierung daher im Zugzwang: Der Schleppereiparagraf muss abgeschafft werden”, so Kraushofer abschließend.