Asylwerber am Wort: Wie es uns so geht / A Statement of Clarification Coming from the Camp

English below

Leser-Kommentar | Clifford Aghator, 7. Dezember 2012

Ein klärendes Statement aus dem Camp

Ich bin seit mehr als acht Jahren in diesem Land, ohne an die Zukunft denken zu können – ich habe acht Jahre hier verbracht, als ein Asylwerber. Das bedeutet zum einen, dass ich vom Feuer in eine Bratpfanne gekommen bin. Und das bedeutet zum anderen, dass in Österreich Träume sterben. Ich frage mich oft, “Was bedeuten die Menschenrechte für ÖsterreicherInnen, die das Ausmaß an Ungerechtigkeit sehen, und trotzdem nichts sagen?” Wie kann es sein, dass die Übereinkunft zwischen einem gewissen Bürgermeister in Kärnten und dem Innenministerium, AfrikanerInnen und TschetschenInnen nicht in dessen Dorf zu verlegen, von so Vielen stillschweigend hingenommen wird?

Flüchtlinge und AsylwerberInnen sind weder Idioten noch AnalphabetInnen, die ihre Rechte nicht kennen, oder nicht erkennen, wenn ihre Rechte verletzt werden. Manchmal habe ich den Eindruck, dass die EuropäerInnen immer noch nicht erkannt haben, wie weit sich die gesamte Welt vorwärts bewegt hat.

Im Moment gibt es mir zu denken, dass viele AsylwerberInnen sich immer noch nicht aus ihren Quartieren trauen – trotz unseren wiederholten Aufforderungen, sich uns im Sigmund Freud Park in Wien anzuschließen. Hätten sie dies getan, wären jene Stimmen, die behaupten, dass wir von AktivistInnen und politischen Parteien benutzt werden, wohl erheblich leiser geworden.

Die AktivistInnen, die uns unterstützen, hören uns zu und helfen uns dabei, die Öffentlichkeit zu erreichen. Ist das etwas Schlechtes? Wir haben Repressionen erlitten und sind dazu verdammt worden, eine sprachlose Einheit zu werden, der nur eine Option offen steht: Zu versagen, ganz egal in welche Richtung wir uns drehen, und dabei zu hören, dass Österreich ein freier Staat ist, in dem jedem (zumindest in der Theorie) Rede- und Bewegungsfreiheit zugestanden wird.

Bisher haben auch die Medien einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, die Glaubwürdigkeit der Flüchtlinge zu untergraben, die sich im Moment gegen die unmenschlichen Umgangsweisen in den Lagern auflehnen. Das Gleiche gilt für die politischen Parteien die von der Initiative des Flüchtlingscamps zu profitieren versuchen.

In Reaktion auf den Standard-Kommentar “Traiskirchen und das ‘Sprachrohr’-Problem”, der darauf hinweist, dass AsylwerberInnen noch nie so gut organisiert waren, bleibt zu sagen, dass der Moment der Wahrheit gekommen ist. ‘What goes up, must come down’ – der Rassismus, die Repression und die Kriminalisierung, die die AsylwerberInnen ertragen mussten, haben eine Reaktion ausgelöst. Ich habe, im Gegensatz zu Euch, in einem Flüchtlingslager gelebt. Ich wurde diskriminiert, ich habe offensichtlichen Rassismus und Hass erlebt, und ich weiß, wie sich Freiheit anfühlt.

Freiheit ist das Gegenteil davon, was ich hier in Österreich erlebt habe. Ihr beschuldigt Flüchtlinge auf der faulen Haut zu liegen und antriebslos zu sein. Wie könnt ihr euch Gegenteiliges überhaupt erwarten, wenn eure Bemühungen immer wieder darauf ausgerichtet sind, uns unsere Rechte an dieser Gesellschaft teilzunehmen und zu ihr beizutragen, zu nehmen. Talente und Träume sterben hier. In diesem Land fließen weder Milch noch Honig im Überfluss, deshalb sind wir Flüchtlinge ausgetrocknet. Die kontinuierliche Manipulation durch das Asylwesen und vergangene und gegenwärtige InnenmisterInnen wird ganz bestimmt auch den letzten Rest unserer Energie ersticken, wenn wir uns weiterhin in unseren Sechser-Betten verstecken. (Leserkommentar, Clifford Aghator, derStandard.at, 7.12.2012)

Clifford Aghator sieht sich als Aktivist; auf Grund des Drucks, unter dem er seit fast einem Jahrzehnt lebt, wurde er zu einem Freiheitskämpfer, der sich für seine Familie einsetzt. Er zieht drei Kinder groß und hofft darauf, dass die Situation sich bald verändern wird.

Link: http://derstandard.at/1353208274263/Asylwerber-am-Wort-Wie-es-uns-so-geht

A Statement of Clarification Coming from the Camp

Leser-Kommentar | Clifford Aghator, 7. Dezember 2012, 12:31

I have been here in this country for more than eight years without the possibility of reaching my future goals – I have spent eight years here, as an Asylum seeker. This simply means that I walked out of fire into a frying pan. This also means that Austria is a dream-killing field.

The refugees and Asylum seekers alike are not entirely idiots or illiterates who do not know their rights, or who do not recognize when their rights are being infringed upon. I sometimes feel that the Europeans are still blind to see how far forward the entire world has moved.

At this point, it also surprises me that many Asylum seekers are still indoors despite the calls we have made for them to come out to support the refugee camp in Sigmund Freud Park, Vienna. If they had joined us, those Austrians and far right journalists, who are insinuating that we are being used by activists and political parties, would lose what little ground they had under their feet. The activists who give us support listen to us and help us reach out to the general public. Is that a bad thing to do? We have suffered a lot of repression and we have been subjected to become a voiceless entity who’s been left with the sole option of failing in every direction we turn and yet we hear that Austria is a free state, that everyone has freedom to speech, movement and, at least in theory, to much more.

The media has also played a high role in undermining the refugees who are currently fighting against the inhuman treatments in the camps. The same goes to the political parties who are benefiting right now from the activities relating to the campaigning refugees, likewise the manipulators of the Asylum System. With this, I often ask myself “what do Human Rights mean to the Austrian who sees the high level of inequality and says nothing?”. Why is it, that nobody questions this ‘deal’ a certain mayor in Carinthia made with the ministery of internal affairs, to welcome refugees to his town – except from Africans and Chechens?
Reacting to the article in Der Standard of Thursday 29. Nov, which was titled TRAISKIRCHEN UND DAS “SPRACHROHR”-PROBLEM, which said asylum seekers have never been so well organized, I’d like to point out, that there is always a moment of truth. What goes up must come down, the racism, repression and incrimination asylum seekers have been treated with, have caused repercussion. I have lived in a refugee camp and you guys have not. I have been discriminated against, I have seen obvious racism, hatred and I know what freedom looks like. Freedom is the complete opposite of what I have experienced in Austria. You accuse refugees of being lazy and not wanting to do anything. How would you expect the opposite when your focus is to annihilate our right to participate in and contribute to this society. Talents and dreams die here. There is no milk and honey in abundance in this country, this is why everyone is so dehydrated and the continuous manipulation of the Asylum System by all the internal ministers past and present, will definitely suffocate anything good if we continue to hide in our 6″ beds.

Clifford Aghator; I see myself as an activist because the pressure I have been living in since almost a decade made me to stand up for myself and my family. I am raising 3 kids in this situation and I so much wish that it should change any time soon. Since this article is not only about myself, I’d consider myself as freedom fighter.

Link: http://derstandard.at/1353208309327/A-Statement-of-Clarification-Coming-from-the-Camp

One response to “Asylwerber am Wort: Wie es uns so geht / A Statement of Clarification Coming from the Camp”

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